Die Erkenntnis privater Ermittler, dass bei Essens Entsorgungsbetrieben „mit Befehl von oben“ sogar eine Personalbeurteilung nachträglich gefälscht wurde, um hausintern unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen, wird von der Staatsanwaltschaft jetzt auf ihren strafrechtlichen Gehalt überprüft. Dies bestätigte gestern Oberstaatsanwältin Anette Milk auf Anfrage der NRZ.

Wie berichtet, laufen gegen zwei Beteiligte – Ex-EBE-Geschäftsführer Klaus Kunze und Betriebsrats-Chef Sadettin Adigüzel – ohnehin Ermittlungen. Wann diese zum Abschluss kommen, ist noch völlig offen, heißt es, die Behörde hat eine Art Informationssperre verhängt.

Immerhin lässt Oberstaatsanwältin Milk durchblicken, dass man wohl Zugang zu allen verfügbaren Daten aus der EBE-Zentrale an der Pferdebahnstraße bekommt: Die Geschäftsführung habe in Aussicht gestellt, die von den Privatermittlern sichergestellten und bei einem Bredeneyer Notar treuhänderisch hinterlegten Festplatten komplett auszuhändigen. Dazu sei nur noch ein formaler Beschluss erforderlich, darum: „Wir haben noch nichts, aber wir werden’s kriegen.“

Kritik an zweierlei Maß bei Verdi

Unterdessen übten sich die kleinen Ratsfraktionen gestern in kollektivem Kopfschütteln angesichts der jüngsten Enthüllungen. Die Grünen fordern für die nächste Ratssitzung am 29. Oktober eine ausführliche Stellungnahme von Oberbürgermeister Reinhard Paß und beantragten dazu einen Bericht im Rahmen der „Aktuellen Stunde“. Es sei „erschreckend“, so Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger, dass die frisierte Personalakte nur durch Privatermittler entdeckt wurde.

Daneben müsse sich auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi den Vorwurf gefallen lassen, „großzügig über Verfehlungen der eigenen Leute hinweggesehen zu haben und Aufklärung, wie im Fall der RGE, nur dann zu betreiben, wenn es den eigenen Leuten dient.“

Für die Linken macht die mit drei Jahren Verspätung gefälschte Personalakte des einstigen Betriebsratschefs bei den Entsorgungsbetrieben „deutlich, dass der EBE-Sumpf noch nicht ausgetrocknet ist.“ Der Vorfall, so Fraktionschefin Gabriele Giesecke, „fügt sich nahtlos in das System EBE ein“, und es sei an der Zeit, „das ganze Ausmaß an Korruption und Vetternwirtschaft, sowie die Verstrickung einiger Ratsmitglieder in diese Affäre“ offenzulegen.

Die Fraktion der Partei-Piraten sieht in der jüngsten Entwicklung einmal mehr den Beweis erbracht, „dass der Konzern Stadt Essen von einigen Personen als Selbstbedienungsladen empfunden wird“, so Fraktionschef Kai Hemsteeg. Daher sei es umso erschreckender, dass die Missstände nur ans Tageslicht gekommen seien, „weil die Firma Remondis als externer Beteiligter diese Art von Selbstbedienung an der Gesellschaft unterbinden wollte.“