Essen. . Freispruch mit Bauchschmerzen: Ein 59-Jähriger soll einen damals 15-Jährigen zum Sex zu dritt gezwungen haben. Doch vor Gericht konnte ihm nicht nachgewiesen werden, dass der geistig eingeschränkte Junge tatsächlich widerstandsunfähig war.

Moral und Recht stimmen bekanntlich häufig nicht überein. So räumte sogar Verteidiger Volker Schröder ein, dass der Freispruch seines Mandanten juristisch in Ordnung, moralisch aber Bauchschmerzen bereiten könnte. Der 59-Jährige stand vor der V. Strafkammer des Landgerichtes, weil er laut Anklage einen widerstandsunfähigen, geistig eingeschränkten Fünfzehnjährigen zum Sex zu dritt missbraucht haben soll.

Dass der junge Mann, vermutlich auch gegen seinen inneren Widerstand, im Bett mit dem Angeklagten und dessen Ehefrau landete, steht außer Zweifel. Doch der 59-Jährige musste freigesprochen werden. Es war nicht nachzuweisen, dass der Junge widerstandsunfähig war. Denn, so begründet Richterin Luise Nünning im Urteil: „Trotz seiner Minderbegabung wäre der jetzt 24-Jährige in der Lage gewesen, seinen Willen zu äußern.“

Zur Anzeige kam der Vorfall erst vor wenigen Monaten, nachdem der junge Mann seiner Verlobten davon berichtet hatte, und sie ihn drängte zur Polizei zu gehen. Längst verjährt wäre der Vorfall, hätte es sich ausschließlich um den Vorwurf des Missbrauchs eines Jugendlichen gehandelt. Nebenklagevertreterin Marianne Schwerdtfeger steht ein ernstes Gespräch mit ihrem Mandanten bevor: „Es wird schwer sein, ihm zu erklären, warum der Angeklagte nicht bestraft wird“, sagt sie.

Zwei Gutachten bestimmten den Prozess: Nadine Warnakula untersuchte die Glaubwürdigkeit. Sie war sicher, dass der Zeuge Erlebtes im Prozess geschildert hat. Psychiater Frank Sandlos stellte fest, dass der junge Mann trotz seiner Behinderung ein willensstarker Mensch sei, das gelte auch auf sexuellem Gebiet.