Essen. . Die Essener Polizei rüstet ab. Aufgrund des “Sparprogramms“ der Landesregierung, so der Essener FDP-Chef Ralf Witzel, wird es in Zukunft weniger Streifenwagen geben. Rund 257 Wagen besitzt die Polizei derzeit. Der Sprecher des Innenministers, Wolfgang Beus, spricht hingegen von einer Modernisierung.

Weniger Polizeiautos für Essen. Das klingt erstmal dramatisch. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion und Essener FDP-Chef, Ralf Witzel, spricht von einem „Sparprogramm“ der Landesregierung.

Der Sprecher des Innenministers, Wolfgang Beus, hält dagegen, dass es in diesem Fall gar nicht ums Sparen gehe. Vielmehr wolle man die Flotte der Polizei modernisieren. „Wir wollen das Optimum.“ Nach dem Motto: Weniger ist manchmal besser. Laut Vorgabe des Innenministeriums musste das Essener Polizeipräsidium jedenfalls abrüsten: um 42 Einsatzfahrzeugen seit 2010.

Derzeit stehen der Polizei noch über 257 Blaulichtautos, zivile Funkstreifen und sonstige Einsatzwagen für Essen und Mülheim zur Verfügung. Bis zum Jahre 2015 soll der Fuhrpark um weitere 16 Fahrzeuge schrumpfen.

Klappt das? Offenbar ja.

Denn trotz der verkleinerten Fahrzeugflotte sei es bislang zu keiner peinlichen Panne gekommen, sei deshalb kein Einsatz, keine Razzia schief gelaufen.

Die Liberalen sehen diese Entwicklung trotzdem mit kritischem Auge. „Wir erwarten die volle Handlungsfähigkeit für die Sicherheit“ mahnt Ralf Witzel und setzt die Messlatte entsprechend hoch an.

Doch selbst die Gewerkschaft sagt, dass Polizei mit weniger Fahrzeugen auskommen kann. „Es ist machbar“, erklärt der Essener Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Heiko Müller. „Und es muss keiner zu Fuß gehen.“

Einsatzfahrzeuge standen oft ungenutzt herum

Ist die Essener Polizei also in der Vergangenheit zu viel mit dem Auto gefahren? Nein. Die Geschichte ist eine andere: Es standen Einsatzfahrzeuge ungenutzt auf dem Polizei-Parkplatz, weil jede Abteilung, jedes Kommissariat eigene Wagen fuhr, auf die andere wiederum automatisch keinen Zugriff hatten. Vor vier Jahren klopften die Prüfer des staatlichen Rechnungsprüfungsamtes an, werteten alle Fahrtenbücher und gefahrenen Kilometer aus. Mit dem Ergebnis, „dass mehrere Fahrzeuge am Tag gar nicht gefahren wurden“, berichtet Bernd Busse, Leiter der Polizeitechnik im Essener Präsidium. Das Einsparpotenzial wurde damals sogar mit 25 Prozent angegeben.

Im Innenministerium bildete sich die „Projektgruppe Fuhrparkmanagement““, um einen neuen Verteilerschlüssel zu berechnen. Die Konsequenz: Für die Dienstabteilungen des Polizeipräsidiums wurde ein gemeinsamer Fahrzeug-Pool gebildet. Heißt: Wer einen Wagen für eine bestimmte Dienstfahrt oder gleich mehrere Autos für eine länger geplante Razzia brauchte, musste vorher reservieren und nach getaner Arbeit den Autoschlüssel wieder für den Nachfolger abgeben.

Die Bedenken der Kommissare waren zunächst groß. „Die Kollegen glaubten, das funktioniert vorne und hinten nicht“, erinnert sich Busse. Aber wider Erwarten hat das bis auf einige kleinere Fälle doch geklappt.“ Bisher sei es laut Busse zu keinen „nennenswerten Verzögerungen“ gekommen.“ Zumal: „Für schnelle und unvorhergesehene Einsätze ist immer Sorge getragen.“

So kann etwa die Mordkommission nach wie vor sofort mit Blaulicht ausrücken. Auch die Wachen greifen auf ihre eigenen Autos zurück. Die Streifenwagen fahren eh’ ohne Vorbestellung. „Es muss sich kein Bürger Sorge machen, dass ein Streifenwagen nicht schnell vor Ort ist“, betont der GdP-Kreisvorsitzende Müller. Die Streifen seien nicht reduziert worden, sondern nach wie vor in der nahezu gleichen Stärke im Stadtgebiet verteilt unterwegs. 2015 werden es nach jetziger Planung insgesamt 113 Streifenwagen sein. 2010 waren es nur sieben mehr.

Zu über 90 Prozent ausgelastet

An die Praxis der Fahrzeugbestellung im Präsidium musste der ein oder andere Polizist sich erst gewöhnen. „Aber das hat sich eingespielt“, so Busse. „Und inzwischen sind unsere Fahrzeuge zu mehr als 90 Prozent ausgelastet.“ Eine beachtliche Quote.

„Eine Herausforderung“

Die nächste Einsparwelle von 16 Autos bis zum nächsten Jahr sieht zwar auch der Leiter der Polizeitechnik „als eine Herausforderung“. Wenn nötig, werde aber korrigiert.

Hier steht der Düsseldorfer Innenminister im Wort. Auf eine kleine Anfrage der FDP antwortete Ralf Jäger (SPD), dass es bislang nicht zu einer „Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung“ kam und durch „eine behutsame und ständig beobachtete Anpassung der Fuhrparkgröße“ stets eine „Gegensteuerung gewährleistet“ sei.

Wieder setzt der Essener FDP-Chef die Latte an und wird den Minister an seinen Worten messen. „Wir werden das genau beobachten und immer wieder nachfragen“, kündigt Ralf Witzel an. Seine Sorge ist, dass zu knapp bemessen wird und bei Ausfällen nach Unfällen oder technischen Pannen nicht genug Ersatz da ist. Seit 2010 gab es in Essen jährlich zwischen 107 und 126 Kollisionen mit Polizeifahrzeugen. Für derartige Vorfälle „verfügen wir aber über eine Reserve“, so Busse.

Sieben neue Streifenwagen stehen in den nächsten Monaten an

Zumal es weniger technische Defekte gibt. Weil die Fahrzeugflotte verschlankt wurde, können ältere Fahrzeuge eher ausgemustert und verkauft werden. Vom Erlös wiederum werden neue Modelle beschafft. In den nächsten Monaten kauft die Essener Polizei gleich sieben Streifenwagen.

„Unser Ziel ist, dass die Fahrzeuge alle drei Jahre ausgetauscht werden“, argumentiert Ministeriumssprecher Beus. Dies gewährleiste den „modernsten Stand der Technik“ für die Polizei.

Das älteste Polizeifahrzeug in Essen ist ein 40-sitziger Omnibus. 18 Jahre alt! Macht nichts. Der Fahrer schaltet schon lange nicht mehr das Blaulicht an. Der Bus wird meist nur benötigt, um Polizisten zu Fortbildungen oder anderen Veranstaltungen zu chauffieren. Kein Fahrzeug für den Ernstfall.