Essen. . Zwei Jahre nach dem jähen Rauswurf des saudiarabischen Scheichs Hani Yamani aus dem Zollverein-Projekt ist der Einstieg von Kölbl Kruse eine späte Genugtuung für die Projektentwickler.
S i e haben damals den Hubschrauber bezahlt, aber über den Wolken schwebten andere: Marcus Kruse erinnert sich noch gut daran, wie sich Großkopferte aus allerlei Ecken an jenem September-Tag des Jahres 2006 auf der Katernberger Zechenbrache nach vorn drängelten: Ein Scheich, der zig Millionen auf Zollverein investiert, nicht wahr, da wollte doch niemand hintanstehen.
Doch während die staunenden Beobachter noch vom saudiarabischen Investoren-Märchen träumten, waren Kruse und sein Geschäftspartner Stephan Kölbl wenig später bereits wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Denn ihre Bitte, sich mit ein paar tausend Euro an Erkundungsbohrungen zu beteiligen, war abschlägig beschieden worden, und spätestens da glaubten die zwei Sonnyboys der Projektentwickler-Szene zu wissen: Diese Nummer mit dem Scheich, das wird nix.
Späte Genugtuung
Acht Jahre später können Kölbl und Kruse ihre Genugtuung darüber, Recht gehabt zu haben, nicht ganz verkneifen, aber mehr noch freut sie, dass die alte Weisheit zutrifft: Man sieht sich immer zweimal im Leben. An den Schläfen ein kleines bisschen grauer und im Markt durch Projekte wie das Glückaufhaus, den Schenker-Neubau oder das Vorhaben „Rü 62“ um ein Vielfaches bekannter geworden, haben die zwei Essener in der vergangenen Woche bewiesen, dass sie zur ersten Garde der Projektentwickler-Szene gehören.
Gemeinsam mit der Immobilientochter der RAG gründeten sie die „Welterbe Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG“, die binnen 33 Monaten vollenden soll, was der Scheich versprach, aber - so beteuert die Landesregierung - am Ende nicht hielt: einen Neubau für die 690 Studierenden und 45 Lehrkräfte der Folkwang-Universität der Künste zu errichten. Und dazu nebenan, hinterm Tanzzentrum PACT, ein Hotel mit 40 Zimmern, vielleicht auch ein größeres mit bis zu 130 Zimmern, mal sehen.
Ersteres ist eine Sahneschnitte der Projektentwicklung, weitgehend risikofrei, weil ein 20-Jahres-Vertrag des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebs für die Folkwang-Designer das Investment absichert. Das Hotel dagegen ist Schwarzbrot, auch wenn Kölbl Kruse nach eigenem Bekunden bereits mit Betreibern verhandeln. 50 Millionen Euro sollen in beide Projekte investiert werden, der Grundstücks-Kaufvertrag ist unterzeichnet, der Bauantrag wird im März eingereicht, der erste Spatenstich folgt im Juli 2015. Und im Juni 2017 sollen Folkwang-Bau und der erste Teil des Hotels fertig sein - abgesichert durch Fertigstellungsgarantien.
Und das muss noch nicht alles sein: Zwei weitere Grundstücke von zusammen 25.300 Quadratmetern Größe sollen dereinst ein „Kreatives Dorf“ beherbergen - wo Design-Absolventen sich niederlassen, wohnen, ihr erstes Unternehmen gründen. Gerüchte, wonach RAG und Kölbl Kruse auch hier als einzige Bewerber noch am Start sind, mochte die landeseigene Grundstücksgesellschaft „NRW Urban“ gestern am Rande der Münchener Immobilienmesse „Expo Real“ nicht bestätigen: „Kein Kommentar“, sagt Geschäftsführer Franz Meiers.
Ebenso zugeknöpft gibt man sich beim Kaufpreis (Scheich Yamani sollte einst rund 2,7 Millionen Euro zahlen), bei der Frage, wer vom Investoren-Duo nun welches finanzielle Risiko trägt, und ob es Schadensersatz-Forderungen gegen Scheich Yamani gibt oder umgekehrt: Bloß nichts falsch machen, bloß keine Anlässe für Klagen bieten. EU-Ausschreibungen mit Bauverpflichtungen sind vermintes Gelände, und nichts wäre schlimmer, als würde am Ende doch noch scheitern, was man jetzt endlich auf einem guten Weg glaubt.
Denn zu sehr begeistert das Happyend jenes orientalischen Märchens, über dessen jahrelange Verzögerung Folkwang Uni-Rektor Kurt Mehnert seufzt: „Wenn wir gewusst hätten, dass es so lange dauert, hätten wir übergangsweise was anderes gemacht.“ So aber hat man gewartet auf den Meilenstein, für den auch Planungsdezernent Hans-Jürgen Best schwärmt, weil er der Entwicklung des Essener Nordens einen „enormen Schub“ verspricht.
Nicht mit Hilfe von weit her, sondern weil sich - Ende gut, alles gut - zwei Partner zusammengefunden haben, die beseelt sind „vom Gedanken, etwas für die Region zu tun“, wie Professor Hans-Peter Noll, Chef der RAG Montan Immobilien GmbH es formuliert. Kölbl und Kruse waren genau die richtigen „beiden Jungs aus dem Ruhrgebiet, die Spaß haben, das Thema erneut anzugehen“ (O-Ton Stephan Kölbl), nicht zuletzt, weil Zollverein schon jene echte Marke ist, die man an anderen Standorten erst mühsam kreieren muss.
Ob da noch - man ist ja nach der zehnjährigen Odyssee etwas vorsichtig geworden - was dazwischen kommen kann? Nein, „wenn uns der Himmel nicht auf den Kopf fällt“, sagt „NRW Urban“-Chef Franz Meiers.
„Inschallah“, hatte das übrigens der Scheich formuliert, „So Gott will“. Vielleicht besser, es verlassen sich diesmal alle auf ihre irdischen Fähigkeiten.