Essen. Der Georgier Rezo Tschchikwischwili gehört seit 20 Jahren zum Schauspiel Essen. Mit „Leb Dein Leben“ präsentiert er einen sehr persönlichen Liederabend.

In emotionalen Momenten füllen sich seine braunen Augen mit Tränen. Auch wenn er vom Verlassen Georgiens erzählt. Rezo Tschchikwischwili war damals 36, ein bekannter und populärer Schauspieler, vielfach für seine 40 Rollen und 20 Filme ausgezeichnet, verheiratet und Vater von zwei kleinen Söhnen. Als der Krieg ein deutsch-georgisches Theaterprojekt in seiner Heimat unmöglich machte, wurde es nach Essen verlegt. Drei Monate spielte er die Titelrolle in „König Ödipus“. Ein Jahr später holten ihn der Regisseur Matthias Kniesbeck und der ehemalige Intendant Jürgen Bosse endgültig ans hiesige Schauspiel. „Für mich war es eine Frage von Leben und Tod“, meint er heute. „Ich als Gefühlsmensch hätte in der harten Realität dort nicht überlebt.“

Mittlerweile sind 20 Jahre in Deutschland, 60 weitere Rollen und drei Kriege in Georgien vergangen. „Die größte Herausforderung war für mich, die Sprache zu lernen“, berichtet der 57-Jährige. Anfangs habe er sich geschämt, weil er nichts verstand. Doch dann kam er mit dem Erfolg des Solostücks „Dreck“ auf den Geschmack: „Es ist wunderbar, auf Deutsch zu spielen“, stellte er fest und „erhielt den größten Applaus meines Lebens“.

Ein Fingerabdruck seines Lebens

Und während Rezo Tschchikwischwili in „Der Gitarrenmann“, „Cabaret“, „Shockheaded Peter“ oder „Rote Erde“ begeisterte, kann sich sein Land „unter dem mächtigen Einfluss Russlands nur sehr langsam entwickeln“. Das macht ihn traurig, zumal seine Schwester als Musiklehrerin in Tiflis lebt und sein Bruder als Arzt in Guria, eine der ärmsten Regionen des Landes. Immer wieder versucht er, mit Benefizveranstaltungen die Not zu lindern. Meist sind es Liederabende, die ihm aus dem Herzen sprechen.

Jetzt singt er wieder. Aber diesmal in eigener Sache. „Vor 18 Jahren entdeckte ich bei ,Männerschmerz’, dass sich Schauspieler mit Liederabenden ganz persönlich präsentieren können. Das möchte ich nun auch. Ich habe etwas zu sagen. Beim Schreiben der Lieder hat mich Robert Smajgert unterstützt, der auch Regie führt“, erklärt Rezo Tschchikwischwili. Es ist ein Programm entstanden, das er den „Fingerabdruck meines Lebens“ nennt. Um die Liebe wird es natürlich gehen, das Menschsein, die Umwelt und die Politik.

Migration nach Deutschland nie bereut

Es kommt also nicht nur der harmoniebedürftige Gefühlsmensch, der Romantiker und Idealist zu Wort mit Zeilen wie „Immer wieder wiegt mein Herz im Rhythmus - aus Liebe zur Musik“. In „Leb Dein Leben“ äußert sich der Schauspieler ebenso kritisch, witzig und hoffnungsvoll - mal mit der künstlerischen Partnerin Nino Wijnbergen-Shatberashvili, mal solo. Begleitet wird er dabei von einem vierköpfigen Ensemble.

Er spielt und singt auf Deutsch, trägt einen deutschen Pass bei sich und ist mit seinen Freunden und seiner Arbeit glücklich. „Ich habe es nie bereut, hierher gekommen zu sein“, sagt er. „Aber Georgien ist meine Heimat, meine Identität. Wenn ich irgendwann einmal sterbe, möchte ich dort begraben werden.“