Essen. .
Der Versuch der städtischen Tochter RGE, Teile eines kritischen Zeitungsberichtes gerichtlich verbieten zu lassen, ist vorerst gescheitert. Die 4. Zivilkammer am Landgericht Essen wies den Antrag der RGE auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen das Rüttenscheider Anzeigenblatt „Informer“ zurück.
Seit mehreren Wochen ist die Essener Stadttochter, die im Bereich Reinigung und Sicherheit tätig ist, in Verruf geraten. Es geht um mutmaßliche Vetternwirtschaft, weil der Bruder des Geschäftsführers Klaus Wieschenkämper der Betriebsratsvorsitzende ist und weitere Familienmitglieder oder Lebenspartner im Unternehmen arbeiten. Eine Konstellation, die wohl nicht mit dem auf der Homepage veröffentlichten Zertifikat „Familienfreundliches Unternehmen“ gemeint ist.
Der Begriff „Korruption“ missfiel der RGE
Konkret warf die RGE dem Anzeigenblatt vor, ein Urteil des Arbeitsgerichtes, mit dem die Betriebsratswahl als unwirksam aufgehoben wurde, falsch wiedergegeben zu haben. Außerdem will es der Zeitung untersagen, von „Korruption“ zu sprechen, weil ein derartiger strafrechtlicher Vorwurf nicht zutreffend sei.
Verlag und Redaktion des „Informer“ widersprachen dem Antrag. Rechtsanwalt Christian Gloria sah keinen Anhaltspunkt für eine falsche Berichterstattung über die Verhandlung vor dem Arbeitsgericht. Der Korruptionsvorwurf sei zudem eine deutlich erkennbare Äußerung von Kai Hemsteeg, Vorsitzender der Piratenfraktion im Essener Stadtrat.
Kritiker mundtot machen
Den Antrag der RGE, so Gloria weiter, „sehen wir als Versuch an, die Vorgänge möglichst unter den Teppich zu kehren und die Verbreiter mundtot zu machen“.
Richter Michael Dickmeis, Vorsitzender der 4. Zivilkammer, signalisierte früh, dass das Gericht den Antrag wohl zurückweisen werde. Er riet Jens Frömming, in Hamburg sitzender Anwalt der RGE, den Antrag besser zurückzuziehen. Dickmeis verwies auf Urteile des Bundesgerichtshofes. Danach werte die Kammer den Bericht über das Arbeitsgerichtsverfahren als zulässige Meinungsäußerung. Und der Begriff „Korruption“ dürfe nicht nur als strafrechtlicher Begriff gesehen werden.
Anwalt Frömming gab sich angesichts dieser gerichtlichen Einschätzung „sehr erstaunt“. Seinen Antrag zog er nicht zurück. Eine Stunde später hatte die Kammer beraten und den Antrag zurückgewiesen. Jetzt kann die RGE beim Oberlandesgericht in Hamm Berufung einlegen. Verliert sie wieder, muss sie die Kosten tragen.