Frohnhausen. .
„Wünschewagen – letzte Wünsche wagen“ steht auf dem Krankenwagen mit den Panoramafenstern auf dem weiße Sterne kleben. Das Fahrzeug steht auf dem Hof des Arbeiter-Samariter-Bundes Ruhr an der Richterstraße. Nach einer Probephase rollt das 100 000 Euro teure Gefährt ab sofort quer durch die Republik und fährt todkranke Menschen zu ihrem Wunschort. Die Ziele sind so individuell wie die Menschen. Es kann ein Fußballspiel, die Nordsee oder eine Familienfeier sein.
50 Ehrenamtliche hat der ASB ausgebildet. Sie fahren als Beggleiter auf dem Wünschewagen mit. Viele von ihnen haben einen fachlichen Hintergrund, haben pflegerische oder medizinische Kenntnisse. „Bei dem Projekt kann aber jeder mitmachen. Bei unseren Schulungen kann man herausfinden, ob das etwas für einen ist“, sagt Projektkoordinatorin Nazan Aymur.
Sieben Mal ging der Transporter mit dem Kennzeichen E – AS 8882 in der Probephase auf Tour. Bei der ersten Fahrt saß Edeltraud Müller am Steuer. Die 71-jährige hat unzählige Ehrenämter, „aber das ist jetzt vorrangig“. Als ihr Ralph Steiner, Vorstandsvorsitzender der ASB Ruhr, von dem Projekt erzählte, war sie gleich Feuer und Flamme. Das wundert nicht. „Ich hätte früher gerne als Altenheimleiterin solche Wünsche erfüllt, aber das ging aus den verschiedensten Gründen nicht.“
Als Fahrgäste – das Wort „Patient“ wird bewusst vermieden – kommen aber keinesfalls nur ältere Menschen in Frage. Die erste Fahrt brachte einen 14-jährigen kurdischen Jungen mit einer unheilbaren Stoffwechselkrankheit zu einem Kinderfest nach Recklinghausen. „Wie der Junge sich gefreut hat, war schon toll.“ Begleitet wurde der 14-Jährige von seiner Mutter und zwei Geschwistern. Mit an Bord waren – wie immer – ein Rettungssanitäter und pflegerische Betreuung.
Edeltraud Müller war zuvor auch schon in der Sterbebegleitung tätig. Der Tod ist beim Wünschewagen kein Tabu-Thema. „Die Menschen dürfen auch auf der Fahrt sterben. Das muss man sich als Begleiter vorher klar machen. Damit muss man sich auseinandersetzen“, sagt die 71-jährige. „Die Begleiter müssen auch loslassen können. Das ist ein wichtiges Thema unserer Schulung“, pflichtet Nazan Aynur bei. Wenn erforderlich, steht daher eine Notfallseelsorgerin zur Verfügung, die die Ehrenamtlichen betreuen kann.
Am vergangenen Wochenende saß Edeltraud Müller wieder am Steuer des Wünschewagens. Eine Mutter im Endstadium von ALS, einer Erkrankung des Nervensystems, wollte mit ihrer fünfjährigen Tochter noch einmal Urlaub auf Borkum machen. Der Wünschewagen brachte sie hin und wird sie auch wieder abholen. „Bei der Ausübung dieses Ehrenamts geht es immer um das Wesentliche. Und ich werde immer an die Endlichkeit erinnert“, sagt Müller.
Ihr Engagement beim Wünschewagen ist für die 71-Jährige dabei keineswegs eine Einbahnstraße: „Meine Mutter hat immer gesagt: Die Freude, die wir geben, kehrt ins eigene Herz zurück.“