Essen. Das neue Elektromobilitätsgesetz wird in der Ruhr-Metropole wohl nicht den Durchbruch bringen. In Essen sind gerade mal 147 E-Autos zugelassen - 0,05 Prozent aller zugelassenen Pkw in der Stadt. Die Stadt selbst geht in die Wartestellung und auch die Politik stürzt sich nicht gleich auf das Thema.

Das Elektroauto kommt einfach nicht in Schwung. Das angebliche Automobil der Zukunft fährt in eine völlig ungewisse Zukunft. Nur 147 elektrisch betriebene Pkw hatten im August ein Essener Kennzeichen. Das sind gerade mal 0,05 Prozent aller in Essen zugelassenen Pkw. Die Zielmarke, bis 2020 bundesweit eine Million elektrisch betriebene Fahrzeuge auf den Straßen surren zu lassen, scheint unerreichbar zu sein. Bis dahin müssten umgerechnet allein in der Ruhrmetropole mehrere tausend Autos einen Elektromotor unter der Haube haben.

Ob das erst vor wenigen Tagen verabschiedete Elektromobilitätsgesetz in der Stadt Essen die Wende bringt, das steht völlig in den Sternen. Zwar soll mit dem neuen Bundesgesetz, das im Frühjahr in Kraft tritt, den Kommunen die Möglichkeit gegeben werden, Busspuren für E- und Hybridwagen freizugeben und kostenlos öffentliche Parkplätze zu reservieren. Doch dass das Rathaus die Autofahrer mit diesen Privilegien elektrisieren wird, das wird zumindest in der Anfangsphase nicht der Fall sein. „Es gibt aktuell keine Planungen“, erklärt Rathaus-Sprecher Martin Rätzke.

Bislang 16 öffentliche Stellplätze zum Aufladen

Und das schon aus ganz einfachen Gründen: Bei nur „einer Hand voll Busspuren“ Ausnahmeregelungen zu schaffen, „das lohnt sich nicht“, so Rätzke. Als Lockmittel, auf die E-Wagen umzusteigen, taugen sie nicht.

Auch beim Thema Parken prescht die Stadt nicht vor. Das Rathaus verweist darauf, dass die Besitzer von Elektromobilen bereits auf 16 kostenlosen öffentlichen Pkw-Abstellplätzen ihre Akkus aufladen können. Ein ganzes Kontingent an öffentlichen Stellplätzen zum Nulltarif zur Verfügung zu stellen, komme bislang nicht in Frage.

Die Stadt geht in Wartestellung. Das kann sie auch, weil das Gesetz die Kommunen nicht dazu verpflichtet, von den Sonderrechten Gebrauch zu machen. So bleibt es (noch) bei vagen Andeutungen. Rätzke. „Wir sind offen für das Thema.“ Nicht mehr, nicht weniger.

Keine Bevorzugung von Elektroautos

Auch die Politik wird hier nicht gleich Vollgas geben. „Wir wollen nicht einseitig auf die Elektromobilität setzen“, erklärte der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Rolf Fliß. Zwar könne man ihr eine „gewisse Förderung“ einräumen. „Aber von Autos auf Busspuren halte ich überhaupt nichts.“ Und beim Thema Parken zum Nulltarif dürfe das Elektroauto nicht automatisch bevorzugt werden. „Sehr sinnvoll“ wäre dagegen, kostenlose Stellplätze für Car-Sharing-Projekte anzubieten, meint Fliß. Davon könnten hier dann auch Initiativen wie Ruhrauto-E von Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer profitieren, die in Essen neun Stationen und elf Fahrzeuge betreibt.

Wie die Grünen will auch die SPD-Fraktion nicht alles auf eine Karte setzen: „Wir sind sehr dafür, dass sich umweltfreundliche Antriebe durchsetzen. Aber wir wollen die Autofahrer nicht für die Elektromobilität missionieren“, sagte SPD-Ratsfrau Julia Kahle-Hausmann. Mit dem Elektromobilitätsgesetz werde es in Essen nur einen „langsamen Start“ geben. Und: Man könne den E-Auto-Besitzern auf keinen Fall dort kostenlose Stellplätze zur Verfügung stellen, wo eh schon ein großer Parkdruck herrsche. Dazu zählen dicht besiedelte Stadtteile wie Rüttenscheid und Holsterhausen.

Umweltschutzbund sieht lediglich "Symbolpolitik"

Die CDU-Fraktion spricht von einer „Herausforderung“, damit mehr Autofahrer zum Stecker greifen. Doch inwiefern das neue Gesetz in Essen angewendet werden sollte, „das müssen wir erst noch diskutieren“; kündigte Hans-Peter Huch, Vorsitzender des Umweltausschusses, an.

Der Bund für Natur- und Umweltschutz (BUND) NRW sieht in dem Gesetz lediglich eine „Symbolpolitik“. Bei dem derzeit niedrigen Anteil der Elektromobilität auf dem Gesamtmarkt „bringen diese Anreize nichts“, glaubt Sprecher Dirk Jansen. Auch sei noch nicht absehbar, welches „Auto der Zukunft“ sich letztlich durchsetzen werde: das mit Elektromotor - oder das mit Wasserstoff-Antrieb?

Von ihrer Leitlinie rücken die Umweltschützer jedenfalls nicht ab: „Wir präferieren, dass der Umweltverbund gestärkt wird“, betont Dirk Jansen. „Das ist allemal besser, als eine neue Privilegierung für den motorisierten Individualverkehr zu schaffen, egal um welchen Antrieb es sich dabei handelt.“