Essen. Wenn es brennt, haben Migranten oftmals Scheu, die 112 zu wählen: Das ist die Erfahrung der Feuerwehr, die nun mit einer Kampagne aufklären und das Vertrauen stärken will. Langfristig hofft die Wehr, mit dem Pilotprojekt auch ausländische Bürger für ihren Beruf gewinnen zu können.
Wenn die eigene Wohnung brennt, ist die Herkunft egal, denn dann geht es mitunter um Lebensgefahr, und Existenzen sind bedroht. Gerade Menschen mit Migrationshintergrund haben aber häufig Probleme, die 112 zu wählen, das stellt die Feuerwehr regelmäßig fest. Das wollen die Essener Einsatzkräfte nun zusammen mit dem „Forum Brandrauchprävention“ und dem Dachverband der Essener Immigrantenvereine ändern.
Mit einer umfangreichen Plakat- und Flyerkampagne klären sie jetzt Migranten auf. Es geht darum, ihnen zu vermitteln, wie sie sich im Brandfall verhalten müssen und wie sie sich vor Feuer schützen können. Das Pilotprojekt stellten die Kooperationspartner auf der Sicherheits-Messe „Security“ vor.
Vorerst wird es die Flyer in Englisch, Polnisch, Russisch und Türkisch geben, Französisch und Arabisch sollen bald dazu kommen. Neben Essen haben auch Bochum, Dortmund, Duisburg, Gelsenkirchen, Herne, Mülheim und Recklinghausen bereits zugesagt, bei der Kampagne mitzuwirken.
Bedeutung von Rauchmeldern hervorheben
Denn die Erfahrung der Feuerwehr zeigt, dass sich Bürger mit ausländischen Wurzeln schwer tun, im Notfall die Behörden einzuschalten. „Die Menschen haben eine gewisse Distanz zu allen Uniformierten“, sagt Azzadine Karioh, stellvertretender Vorsitzender des Immigranten-Dachverbandes. Das Wissen über das richtige Verhalten im Brandfall sei nicht verbreitet.
Stephan Neuhoff, stellvertretender Vorsitzender des Feuerwehrverbandes NRW, erinnert sich an einen Einsatz, bei dem eine afrikanische Familie ums Leben kam, weil sie statt in der Wohnung zu bleiben, ins verrauchte Treppenhaus lief und erstickte. „Das waren damals fünf Opfer, die es nicht hätte geben müssen“, sagt Neuhoff.
Vor allem die Bedeutung von Rauchmeldern wollen die Verantwortlichen in der Kampagne hervorheben. Christian Rudolph vom Forum Brandrauchprävention, hält das für den einfachsten Weg, Leben zu retten.
Langfristig erhoffen sich die Initiatoren ebenso, mit der Kampagne mehr Migranten für den Feuerwehrdienst zu werben. „Gerade einmal eine Handvoll Wehrleute haben einen Migrationshintergrund“, schätzt Feuerwehr-Sprecher Mike Filzen. Dabei könnten gerade sie in ihrem Bekanntenkreis über den richtigen Umgang mit Feuer informieren. Auch in der Einsatzzentrale könnten Mitarbeiter mit Fremdsprachenkenntnis den entscheidenden Unterschied ausmachen – und das oftmals geringe Vertrauen in die Feuerwehr stärken. Karioh: „Hier haben beide Seiten in Zukunft eine Bringpflicht“.