Essen. . Der Polizeiberuf rangiert bei Schulabgängern ganz oben auf der Beliebtheitsskala – doch jenseits der „Tatort“-Klischees sind die Anforderungen im Alltag hoch und die Bewerber-Auslese um so härter. Bewerber, die sich durchsetzen, erwartet ein abwechslungsreicher Berufsalltag und eine sichere Anstellung
Die Tage, in denen junge Menschen nach dem Abitur scharenweise in schlecht bezahlte Praktika in der Medienbranche strebten, sind gezählt. Neuer Spitzenreiter auf der Beliebtheitsskala der beruflichen Ziele ist der Polizeidienst. Laut einer Studie des Forschungsinstituts Trendence gilt die Polizei bei 11,8 Prozent der Jugendlichen als attraktivster Arbeitgeber – dicht gefolgt von der Bundeswehr mit 10,3 Prozent. Gut 8300 Bewerbungen gingen im vergangenen Jahr beim Land NRW ein, dem stehen 1500 Studienplätze gegenüber. Die Auslese ist hart.
Doch wer mit dem Polizeiberuf das Bild eines grobschlächtigen Schimanski-Verschnitts verbindet, irrt gewaltig. „Natürlich prägen die Medien auch das Bild der Polizei in der Öffentlichkeit, aber unsere tägliche Arbeit sieht ganz anders aus“, sagt Jessica Alfuth, Einstellungsberaterin bei der Polizei Essen. „Allerdings ist der Job tatsächlich kein reiner Schönwetter-Beruf. Körperliche Auseinandersetzungen kommen auch im Streifendienst häufiger vor; damit muss man umgehen können.“ Hinzu kämen zuweilen ungewöhnliche Arbeitszeiten, auch nachts und am Wochenende.
Formal bewerben kann sich jeder, der über das Abitur oder die Fachhochschulreife verfügt und nicht in gravierender Weise gesundheitlich beeinträchtigt ist. Auch Bewerbern, die über eine abgeschlossene Ausbildung mit weiteren drei Jahren Berufserfahrung verfügen, steht der Weg in den Polizeidienst prinzipiell offen. Wer die formalen Voraussetzungen erfüllt, muss sich einem dreitägigen Auswahlverfahren stellen, bei dem neben der körperlichen Fitness und dem Fachwissen der Bewerber auch deren Stressresistenz getestet wird.
Kollegialer Umgang in den Behörden
Sarah Peukert hat es mit ihrer Bewerbung im zweiten Anlauf geschafft. An ihrem Berufswunsch hatte die zierliche 21-Jährige nie Zweifel: „Ich wollte einen Beruf ergreifen, bei dem ich mich bewegen kann und körperlich gefordert werde. Meine Eltern standen bei diesem Ziel von Anfang an hinter mir.“ Als Exotin gilt sie damit schon lange nicht mehr – bei der Polizei NRW liegt der Frauenanteil bei gut 38 Prozent.
Ihr erstes Praktikum führte sie in die Polizeibehörde Altenessen-Nord. Autoritätsprobleme seien trotz ihres jugendlichen Alters eher die Ausnahme: „Wenn man die Uniform trägt, wird man von den meisten Bürgern ernst genommen. Allerdings achten die Menschen schon darauf, wie viele Sterne ein Beamter auf den Schulterklappen hat oder erkundigen sich nach der Dienstmarke.“ In den Behörden selbst gehe es insgesamt kollegial zu.
Eine Erfahrung, die Polizeidienstanwärter Arne Renzel, 20, teilt. Auch er wurde während seiner Ausbildung gleich ins kalte Wasser geworfen und musste dabei mitunter an seine Grenzen gehen. „In diesem Sommer habe ich ein Praktikum auf Mallorca in der Nähe des Ballermanns absolviert. Ein Kollege, mit dem ich auf Streife unterwegs war, geriet vor der Disco in eine Schlägerei mit 15 Leuten. In diesem Moment habe ich mich doch kurz überfordert gefühlt.“ Aber eben nur kurz. So griff er beherzt ein und schaffte es, die prügelnden Parteien zu trennen – ein erstes Erfolgserlebnis. „Die Kollegen haben mich auf Anhieb akzeptiert und sind mir auf Augenhöhe begegnet. Das hat mich sehr beeindruckt.“
Dreijähriges Bachelor-Studium
Vor Arne Renzel liegt noch ein langer Weg. Das Studium an der Fachhochschule dauert drei Jahre – auf dem Stundenplan stehen unter anderem Strafrecht, Verhaltensrecht, Psychologie und Kriminalistik, immer ergänzt durch Praktika in verschiedenen Polizeibehörden. Nach ihrem Bachelor-Abschluss leisten die Absolventen in der Regel zwei Jahre in der Hundertschaft Dienst, wo die Polizei bei Demonstrationen oder Karnevalszügen für die Sicherheit der Veranstaltung Sorge trägt. Erst später kann man sich auf einen bestimmten Bereich wie etwa die Kriminalpolizei spezialisieren.
Für Arne Renzel und Sarah Peukert lohnt sich der Weg bei allem Idealismus auch wirtschaftlich – bereits zu Beginn ihres Studiums sind sie Beamte auf Widerruf und werden entsprechend besoldet. Nach dem Studium winkt eine sichere Anstellung auf Lebenszeit. Doch das, so sagen beide, sei nicht das Hauptmotiv für ihre Entscheidung gewesen. „Es klingt etwas abgedroschen, aber bei der Polizei ist jeder Tag eine neue Herausforderung“, so Renzel. Noch bis zum 2. Oktober können sich Interessierte für eine Ausbildung im Polizeidienst bewerben.