Stadtmitte. . hristen, Muslime und Bahai feiern zusammen Gottesdienst in der Marktkirche. Jüdische Gemeinde verzichtet auf gemeinsames Gebet.
Während am Sonntagabend Hooligans angeblich gegen Salafisten mobil machten, zeigten zeitgleich in der Marktkirche Christen, Muslime und Bahai, dass man trotz unterschiedlichen Glaubens friedlich miteinander leben und sogar beten kann. Dabei betonten die Gläubigen vor allem die Gemeinsamkeiten: „Ein Gott – für alle“, lautete das Motto des gemeinsam gefeierten Gottesdiensts.
Das Angebot ist durchaus auf Interesse gestoßen: Voll besetzt war das Evangelische Gotteshaus in der Innenstadt, einige Stühle mussten noch hineingestellt werden, damit alle Platz finden konnten.
„Hier kommen Menschen verschiedenen Glaubens zusammen, die sich darin einig sind, dass sie den einen Gott anbeten“, betont Pfarrer Manfred Rompf, der den Gottesdienst zusammen mit den Imamen Duran Ali Sengün und Kadir Koç sowie Mitgliedern der beteiligten Gemeinden gestaltet hat. So wurden die Predigten und Lieder, zum Teil vom Islamischen Mädchenchor Essen-Kupferdreh vorgetragen, nach diesen Kriterien ausgesucht.
Während der Katernberger Imam Kadir Koç die Gemeinsamkeiten der Religionen vor allem anhand der Verse des Korans und des Evangeliums betont, bezieht sich Rompf in seiner Predigt auch auf aktuelle Krisen: Egoismus führe dazu, dass Menschen sich einbildeten, sie allein hätten die rechte Glaubensweise, so Rompf. Dies führe zu Streit und sogar zu Kriegen. „Wir erleben heute im Mittleren Osten, im Irak und Syrien, wie solche Kriegsführenden sich weit entfernen von der eigenen Religion und dem wahren Glauben.“
Die Vorbereitung des interreligiösen Gottesdienst sei allerdings auch nicht immer einfach gewesen, räumt Rompf ein. „Sowohl die Christen als auch die Muslime sind zu sehr mit ihrem jeweils eigenen Gemeindeleben beschäftigt, als dass man eine solche Veranstaltung zu oft machen kann. Erst in zwei Jahren könne er sich vorstellen, in Essen wieder solch einen Gottesdienst für alle Weltreligionen zu feiern. Für fast alle, denn wie dieses Mal wird dann auch die jüdische Gemeinde wohl nicht dabei sein. „Juden dürfen nicht mit Angehörigen anderer Religionen beten“, erläutert Hans-Hermann Byron, Vorsitzender des Jüdische Kultusgemeinde Essen. Vergleichbar sei dies damit, dass Katholiken Andersgläubigen auch die Teilnahme am Abendmahl verweigern. Rompf bedauert dies, zumal er es nicht für ein generelles jüdisches Verbot hält: „Die Essener Gemeinde ist da sehr konservativ.“ Mit Mitgliedern der Duisburger Gemeinde habe man bereits gemeinsame Friedensgebete feiern können – aus Rücksicht auf die Essener Gemeinde lade er sie aber nicht mehr ein.
Stattdessen waren erstmals Mitglieder der Bahai-Gemeinde zu Gast. Die jüngste aller Weltreligionen, die ihre Wurzeln im Iran des 19. Jahrhunderts hat und explizit interreligiöse Initiativen befürwortet, ist seit 1960 auch in Essen aktiv.