Altenessen. .

Im Flur reihen sich Zettel auf Tischen, an der Wand hängen Schautafeln, die über die Geschichte der Russlanddeutschen informieren: „Schicksal einer Volksgruppe“, steht da. Hier, in den Vereinsräumen des „Forum Russlanddeutsche Essen“, ist eine Anlaufstelle entstanden für die rund 15 000 Menschen aus dem russischsprachigen Raum, die in Essen leben.

Was im Herbst 2000 als Bürgerinitiative begann, ist mit den Jahren zu einem eingetragenen Verein gewachsen, der aktuell 182 Mitglieder zählt – hinzu kommen ungezählte Freunde, Verwandte und Unterstützer, die ebenfalls die Angebote des Vereins wahrnehmen. Das Programm ist vielfältig: Kunst, Kultur, Musik, Basteln, Sport, Tanz, Sprachförderung. „Unser Ziel war es immer, einen Ort zu schaffen, an dem Menschen aller Altersgruppen zusammenkommen und ihre Ideen und Themen einbringen können“, sagt der Vereinsvorsitzende Igor Wenzel.

Obwohl inzwischen die Zuwanderung von Menschen aus Russland abgenommen habe, seien noch immer viele Migrationsprobleme ungelöst. „Es gibt noch viele Familien, die unsere Unterstützung brauchen“, sagt Wenzel. Das erklärte Ziel: Den Menschen helfen, in der Gesellschaft anzukommen. „Wir können sie dabei unterstützen. Wenn jemand mit einem Problem auf uns zukommt, verstehen wir uns als Vermittler. Wir verweisen die Leute an die richtigen Stellen, wo sie Hilfe oder Beratung bekommen“, erklärt Marina Mirau, die zweite Vorsitzende des Vereins.

Interkulturelle Öffnung wichtiges Thema

Mit den Vorstandswahlen im Mai habe es einen Generationenwechsel im Forum gegeben. Derzeit werde diskutiert, wie sich der Verein zukünftig weiterentwickeln kann. Ein wichtiges Thema dabei: die interkulturelle Öffnung. „Unsere Mitglieder sind ja nicht nur Russlanddeutsche“, sagt Wenzel. „Wir wollen den Verein verstärkt dahingehend entwickeln, dass wir ein ganz normaler Bürgerverein sind – für alle Menschen.“

Die Menschen, die in Deutschland als „Russlanddeutsche“ bezeichnet werden, gelten in Russland übrigens als „Deutsche“ – ihre Geschichte reicht viele Jahrhunderte zurück. Zu Zeiten von Katharina der Großen, Mitte des 18. Jahrhunderts, gab es eine große Auswanderungswelle nach Russland. „Daher verstehen sich viele von uns heute auch nicht als Migranten, sondern als Heimkehrer“, sagt Wenzel. Und solange es Schwierigkeiten bei ihrer Integration gebe, sei der Verein gefordert.

Doch der Verein steht schon länger vor einer schwierigen Zukunft: Das städtische Gebäude, in dem sich das Forum auf etwa 400 Quadratmetern eingerichtet hat, soll abgerissen werden. Nach mehreren zeitlichen Aufschüben steht inzwischen fest: Mitte 2015 soll das Forum seine Räume verlassen haben. „Wir suchen derzeit sehr intensiv nach einer Alternative, haben bereits viele Gespräche geführt, aber noch nichts gefunden, das für uns bezahlbar ist“, berichtet Marina Mirau.