Die Insolvenz des Autoteile-Zulieferers TMD Friction gefährdet im Stadthafen bis zu 600 Arbeitsplätze.Nach außen gibt sich das Unternehmen optimistisch. Doch in der Belegschaft herrscht tiefe Verunsicherung

Christoph Bollke (38) vor dem Gebäude der TMD im Stadthafen:
Christoph Bollke (38) vor dem Gebäude der TMD im Stadthafen: "Hoffe, dass es weitergeht." Fotos (2): WAZ, H.W. Rieck © WAZ

Dunkle Wolken hängen über dem Stadthafen im äußersten Norden der Stadt. Der kalte Wind pfeift unnachgiebig. Und für den Nachmittag hat der Wetterbericht Schnee angekündigt. Doch vorweihnachtliche Stimmung wird heute bei den 600 Beschäftigten der TMG Friction und ihren Angehörigen nicht aufkommen.

"Zu hören, dass unser Unternehmen Insolvenz angemeldet hat, war im ersten Moment ein richtiger Schock", sagt der junge Mann, der seit 2005 als Anlagenführer bei dem Auto-Zulieferer TMD Friction am Standort Essen beschäftigt ist. Seinen Namen möchte er lieber nicht nennen.

Am Montag habe die Belegschaft bereits um 12 Uhr aus dem Radio erfahren, was in ihrem Betrieb los sei. Eine offizielle Betriebsversammlung, die intern als "Informationsveranstaltung" bezeichnet wurde, folgte erst um 13.30 Uhr, neunzig Minuten nach den ersten Medienberichten.

Dort wurden die Fakten genannt: Die Krise der Autoindustrie habe nun auch Essen erreicht, trotz der Insolvenz seien die 600 Arbeitsplätze bei der TMD vorerst sicher, das operative Geschäft sei an für sich gesund und man werde versuchen, das Unternehmen als Ganzes zu verkaufen.

Doch "nach der Versammlung war die Stimmung bei der Belegschaft auf dem Nullpunkt", sagt Christoph Bollke, "besonders, weil am Standort Essen schwarze Zahlen geschrieben werden." Arbeit habe man hier "ohne Ende". Bollke hofft, dass es dem Team um Insolvenzverwalter Frank Kebekus gelingt, das Unternehmen zu retten. Zwischen Weihnachten und Neujahr sei der Betrieb ohnehin erstmal geschlossen, danach werde er weitersehen. Sorgen macht sich der Vater von drei Kindern trotzdem: "Meine Kleinste ist erst im Kindergarten und das Haus ist noch nicht abbezahlt."

Sebastian Knieriem, Gewerkschaftssekretär der IG BCE im Landesbezirk Nordrhein, sagte auf Anfrage, dass die TMD-Insolvenz auf ein größeres Problem hinweise, das die ganze Branche betreffe: "Da kommt noch viel auf uns zu." Um Arbeitsplätze und "Know-How" zu retten, müsse von Landesregierung und Banken jetzt rechtzeitig gegengesteuert werden.

Auch Michael Kinzler, Sprecher der Essener Agentur für Arbeit, wies im Zuge der TMD-Insolvenz auf die Gefahren für die Region hin: "Essen ist zu einer Dienstleistungsstadt geworden. Jeder Arbeitsplatz, der im gewerblich-technischen Bereich wegfällt, tut weh." Doch zum jetzigen Zeitpunkt sei es noch zu früh, um zu sagen, wie sich der Essener Arbeitsmarkt durch die TMD-Insolvenz entwickle.

Ein Angestellter, der seit 33 Jahren im Betrieb ist, erwartet jedenfalls nichts Gutes für die Zukunft. Die Probleme hätten begonnen, als die Firma vor acht Jahren an ein "Private-Equity-Unternehmen" verkauft worden sei und "die damit verbundene Umstrukturierung und erste Stellenstreichungen" begannen.

Jetzt brauche man zur Rettung Geld. "Aber", fragt er, "wer will denn in diesen Zeiten überhaupt Geld dafür in die Hand nehmen?"