Seit der Gaza-Krieg in diesem Sommer wieder entflammt ist, steht die Alte Synagoge am Edmund-Körner-Platz unter verschärftem Polizeischutz. Es gab nächtliche Pöbeleien, Anschlagsdrohungen von Islamisten und geplante rechtsextreme Demos vor der Kultureinrichtung.
Der Leiter der Alten Synagoge, Uri Kaufmann, spricht von einer höchst unangenehmen Situation und stellt klar: „Hier ist nicht der Ort, um den Nahostkonflikt auszutragen. Wir sind ein städtisches Museum, Demonstrationen gehören nicht hier her.“ Und für islamistisch geprägte Jugendliche, die in Essen aufgewachsen sind, fordert Kaufmann Nachhilfe in Demokratie.
In der vergangenen Woche waren es Rechtsextremisten aus Süddeutschland, die sich die Alte Synagoge als Demo-Schauplatz ausgeguckt hatten. Am Ende sagten die Veranstalter die Kundgebung ab, zuvor hatte die Polizei sie schon auf den Kopstadtplatz verwiesen. Für Kaufmann die einzig richtige Entscheidung. Es ärgert ihn, dass es selbst innerhalb der Polizeibehörde Verständnis dafür geben soll, dass die Alte Synagoge immer wieder als Symbol Israels herhalten soll.
Dass sein Haus gefährdet ist, bekommt Kaufmann dieser Tage ständig vorgeführt: Anfang Juli zogen arabischstämmige Jugendliche von einer nächtlichen Spontan-Demo vor die Synagoge. Am 18. Juli nahm die Polizei im Vorfeld der Pro-Palästina-Demo 15 Männer „libanesisch/arabischer Herkunft“ fest. Sie sollen sich im Internet verabredet haben, die Alte Synagoge „mit Molotowcocktails, Waffen und Steinen“ zu „zerstören“, heißt es im Bericht des Innenministeriums.
Die Ermittlungen dauern an, es werde umfangreiches Material ausgewertet, sagt der Essener Staatsanwalt Rainer Kock. Auch gegen Beteiligte der Demo habe man Verfahren eingeleitet, hierbei handele es sich aber um weniger schwerwiegende Tatbestände wie Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Und Leugnung des Holocausts, ergänzt Uri Kaufmann: „Oder wie soll man es nennen, wenn Juden ,angebliche’ Opfer genannt werden?“ Die Vorurteile, der Hass, die auf der Demo deutlich wurden, sprechen für ihn auch für eine misslungene Integration. „Es macht mich traurig, dass es offenbar 300 Männer gibt, die hier aufgewachsen und antisemitisch geprägt sind.“
Mit offensiver Bildungsarbeit versucht Kaufmann seit seinem Amtsantritt 2011 gegenzuhalten. Damals habe man ihm gesagt, dass es Eltern gebe, die ihren Kindern die Teilnahme an Klassenausflügen zur Synagoge verbieten. „Ich sage Lehrern, dass man einen solchen Boykott einer Schulveranstaltung nicht hinnehmen darf. Die Schüler müssen auch mit Informationen konfrontiert werden, die sie sonst nirgends bekommen.“ 300 Klassen kommen jährlich in die Alte Synagoge – nun will Kaufmann in die Schulen wirken: Derzeit arbeitet er an einem Modul für das Fach Praktische Philosophie, das viele muslimische Kinder statt Religion belegen.
Dass Handlungsbedarf besteht, hat man wohl auch höheren Orts erkannt: Am 22. September hat die Bezirksregierung Lehrer und Schulrätinnen zur Dienstbesprechung in die Alte Synagoge geladen.