Es musste ihr erst alles zu viel werden, bevor sie ihr Leben neu beginnen konnte. Angela Homfeldt war eine Business-Frau wie sie im Buche steht: Wirtschaftsstudium, dann ins Controlling großer Medienkonzerne; aufgestiegen – immer weiter. Mit Zahlen jongliert. 12-Stunden-Tage. Mutter von zwei Kindern. „Ich habe gedacht ich könnte das ewig so weiter machen, alles unter einen Hut bekommen“, beschreibt die 42-Jährige einen Alltag voller Anspannung und Druck, ihr altes Leben. Dann kam der Krebs. Ihr neues hingegen ist jetzt ganz anders: Die Burgaltendorferin ist Achtsamkeitstrainerin, lehrt in Kursen im Ruhrturm in Essen-Bergerhausen, wie man dem Burn-Out ein Schnippchen schlägt.

Und trifft damit ein aktuelles Thema in der Gesellschaft: Immer mehr Zeit in den Beruf zu investieren, immer erreichbar sein, das sind heute Grundvoraussetzungen für Erfolg geworden. Aber auch der Nährboden der Überforderung. Nicht umsonst möchte SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles einen Gesetz-Entwurf auf den Weg bringen, der Arbeitnehmer nach Feierabend beruflich entlasten soll. Dieses „Anti-Stress-Gesetz“, soll nicht zuletzt vor Burn-Outs schützen.

Denn den hatte auch Homfeldt längst, doch sie arbeitete weiter. Immer weiter. Doch 2011 ging ihr Körper in die Knie: Erst Tinnitus, Symbol der Überarbeiteten, dann Brustkrebs. Pause, unfreiwillig. Chemotherapie, acht mal. Etwa das Ende?

„Heute glaube ich, dass auch der Krebs ein Zeichen meines Körpers war.“ Für einen Neuanfang. Und der wurde bereits in der Reha angestoßen. Dort besuchte sie ein Achtsamkeitstraining, saß neben gestressten Ärzten und Lehrern, denen das Leben zu viel wurde. Homfeldt indes wollte es wieder zurück. „Ich habe gemerkt, wie mir die Übungen wieder neue Kraft gegeben haben. Ganz unabhängig von meiner Krankheit, hätte ich diese Verschnaufpause auch im Büro bereits gebrauchen können.“ So kombinierte sie beides miteinander. Und entschied sich für die Selbstständigkeit.

Homfeldt: „Meine Freunde haben mir davon abgeraten.“ Tausche Anstellung mit Stress gegen Selbstständigkeit mit Stress, war aber nicht ihre Absicht: „Ich wollte nicht wieder in die gleiche Mühle geraten.“

Mühe hingegen stand schon auf ihrem neuen Businessplan: Ein Jahr Ausbildung, Urkunden weisen sie als Achtsamkeitstrainerin, Mentaltrainerin und Joga-Lehrerin mit Schwerpunkt auf Gesundheitsprävention aus. Ein Jahr Klinken putzen für die neue Geschäftsidee: Seit einem Jahr besucht sie Unternehmen, Führungskräfte oder Privatleute.

Sie kennt die Branche, weiß mit Geschäftsleuten umzugehen. Und kennt die Vorbehalte: „Normalerweise verbinden viele Menschen Joga und Entspannungsübungen mit Esoterik-Kram ist. Ich erkläre den Teilnehmern aber, warum sie etwas machen.“ Homfeldt reduziert die Übungen so auf das Sachliche. “

Mit Erfolg, wenn auch einem anderem als in ihrem früheren Berufsleben: Denn da gaben ihr positive Geschäftsberichte Bestätigung für ihre Arbeit, „heute sind es Patienten, die trotz Rückenleiden wieder wohlgelaunt zum Schreibtisch gehen.“