„Ihr seid mein langjährigster Stammtisch“ bekundet Wirt Wolfgang Werk von den Tuchmacher Stuben den Jedermännern, der Sportgruppe des Werdener Turnerbundes. Schon in der „Halben Höhe“ am Viehauser Berg, die er damals von Arnold Fleckhaus übernommen hatte, seien sie seine Gäste gewesen. Das war vor ungefähr drei Jahrzehnten.
Heute Abend essen sie wieder zum Bier die von Wirtsgattin Irmgard mit Mett und Käse liebevoll zubereiteten Brötchen und Frikadellen. Bevor es jedoch zum gemütlichen Teil übergeht, ist Schweißtreibendes angesagt: der Körperspaß in der Turnhalle der Grundschule an der Urbachstraße.
Und wenn sich die Jedermänner, die mit dem Salzburger Festspiel-Theaterstück vom Sterben des reichen Mannes nicht das Geringste zu tun haben, fotografieren lassen, ist das immer ein Gruppenbild mit Dame. Nämlich mit der 50-jährigen Übungsleiterin Irena Wohlert, die sich ein jugendliches Antlitz bewahrt hat.
Mit einem gefälligen Mix von Ausdauer-, Kraft- und Koordinationstraining sorgt die Gymnastiklehrerin seit neun Jahren erfolgreich dafür, dass sich ihre Mannen die Zivilisationskrankheiten, zu denen Skelettbeschwerden gehören, möglichst vom Leibe halten. Die Musik ‘Viva la vida’ von Coldplay ertönt bei der Warming-up-Phase, zu der auch der Slalomlauf und leichte Hantel- und Rückenarbeitarbeit angesagt ist. Später steht Intervalltraining auf dem einstündigen Programm.
Alles hält sich in natürlichen Grenzen. „Es geht uns nicht um Rekorde“, aus diesem Alter sind wir heraus, beschreibt Riegenleiter Freddy Kleinfeldt die Devise seiner Truppe. Das Motto: „Fit bleiben bis ins fortgeschrittene Alter, den Muskelaufbau und -erhalt gezielt fördern“ ist das Ziel. „Wir pflegen bewusst das Zusammenspiel von Körper, Seele und Wohlbefinden und stellen die Gemeinschaft in den Mittelpunkt.“ sagt Kleinfeldt, der seit Januar Nachfolger von Helmut Stiepel ist. Und fügt an: „Wir freuen uns jeden Montag neu auf Irena, sie strahlt Sympathie aus und kommt gut an.“ Wohlert geizt auch nicht mit Komplimenten: „Die Jedermänner sind auch deshalb jung geblieben, weil sie bei den Übungen sehr fleißig mitmachen.“
Insgesamt sind es mehr als 50 Mitglieder. Ältester Aktiver ist der bald 85-jährige Hans Brinkmann – seit ewigen Zeiten dabei. Jüngster Jedermann ist Martin Sutmann, 51.
Vertreten sind viele Berufe vom Atomexperten bis zum Bierbrauer, weltweiten Wollhändler, emeritierten Gemeindepfarrer, Lehrer, Banker, Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit, Ingenieur und Baustatiker.
Das macht die Diskussion beim Tuchmacher so reizvoll und interessant: Jeder der Jedermänner hat sein besonderes Wissen und seine Erfahrung, um einen Beitrag zur Erörterung der Weltpolitik, zur Tour de Horizont und zum Setzen neuer Pflöcke zu leisten. Wohl schmunzelnd zu wissen, dass das nicht der Weisheit letzter Schluss sein muss.
Neueintritt: Carl-Hans Weber, 1. Vorsitzender des Werdener Bürger- und Heimatvereins. „Der Schnupperkurs hat mir sehr gut gefallen, ich möchte dabei sein, die nächste Runde geht auf mich.“