Essen. .
Noch drei Tage – dann wird Oberbürgermeister Reinhard Paß am 31. August um elf Uhr auf der Kettwiger Straße in Höhe der Lichtburg offiziell das dritte „Essener Stadtradeln“ eröffnen und Teilnehmern, die für drei Wochen ihren Pkw stehen lassen wollen, die Autoschlüssel abnehmen.
Schon 530 Biker haben sich in 70 Teams fürs Stadtradeln angemeldet. Essen will nach oben strampeln und beim Städtewettbewerb um die meisten mit dem Radl zurück gelegten Straßenkilometer auf einem vorderen Platz landen. Die Stadt hat sich viel vorgenommen. Auch dies: Sie will dauerhaft im Club der fahrradfreundlichen Städte bleiben und muss dafür entsprechende Ergebnisse vorzeigen.
Die Zielmarke
Der Wille ist da. Das Rathaus will den noch relativ bescheidenen Anteil der Radfahrer am Essener Straßenverkehr bis 2020 von derzeit mehr als fünf auf elf Prozent steigen. Im Jahre 2035 soll gar jeder vierte Verkehrsteilnehmer mit dem Fahrrad unterwegs sein. Das klingt utopisch, doch es handelt sich hier um offizielle Vorgaben aus dem Rathaus. Um die Zielmarke zu erreichen, müssen möglichst viele an den Start und die alltäglichen Wege zur Arbeit oder zum Shoppen mit dem Fahrrad zurücklegen.
Da macht die Verwaltung auch im eigenen Haus Werbung. An die städtischen Mitarbeitern gingen Mails, mit denen für die Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ geworben wurde. Auch in Ausschüssen, Gremien und innerstädtischen Netzwerken gab es entsprechende Appelle. Sogar mit Postern und mit Flyern wurde schon dafür geworben, teilt Stefan Plage von der Klimaagentur Essen mit.
Aktuell wird für de Kampagne „Stadtradeln 2014“ im Intranet kräftig die Werbetrommel gerührt - in der Hoffnung, dass danach noch mehr Rathaus-Mitarbeiter endgültig umsatteln. Schon jetzt haben sich ganze Teams zusammengeschlossen, um gemeinsam zum Rathaus oder zu einer städtischen Tochter zu radeln, berichtet Stadt-Sprecher Stefan Schulze. „Wir kämpfen um jeden Kilometer.“ Mit dabei ist natürlich Umweltdezernentin Simone Raskob. Ist doch Ehrensache.
Die Kampagne ist fürs Image allemal gut. Andere Kommunen sind bei der Fahrradförderung in eigener Sache hier und da schon etwas weiter und prüfen gar, ob genug Duschen zur Verfügung stehen. Schließlich kommt ein Pedaler bei seiner Strampel-Tour ja schnell ins Schwitzen.
Soweit ist Essen noch nicht. „Unkleiden und Duschen für radelnde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter existieren im Rathaus aktuell nicht“, erklärt Stefan Plage
Wer trocken bleiben will, radelt also besser langsamer oder wählt ein Elektro-Rad. Für die Zweirad-Mobilität hat der städtische Fuhrpark inzwischen nachgerüstet. Die Stadtverwaltung verfügt über insgesamt 15 Dienst-Fahrräder, sechs davon sind strombetriebene Pedelecs. Da muss man sich nicht so ins Zeug legen.
Die Stadtwerke Essen bieten ihren Mitarbeitern vier E-Bikes als Dienstfahrzeuge ein. „Die werden auch gut genutzt“, erzählt Sprecher Dirk Pomplun. „Weil die Kollegen wissen, dass es etwa in Rüttenscheid oder Holsterhausen schwierig ist, einen Parkplatz zu finden.“ Auch an Baustellen kann man schlecht ein Auto abstellen. Da ist es mit einem E-Bike angenehmer, zumal man danach nicht durchgeschwitzt ins Büro zurück kommt. Nur auf den Helm darf nicht verzichtet werden - der ist Pflicht.
Vor der Entscheidung
Ob Essen weiter in der „Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte“ (AGFS) bleiben wird, entscheidet die zuständige Auswahlkommission des Landes erst im Herbst. Am 1. Dezember werden die Club-Mitglieder offiziell darüber informiert.
Die Stadt Essen, seit 1995 AGFS-Mitglied ist zuversichtlich, einen positiven Bescheid zu erhalten. Sie verweist auf das 200 Kilometer lange Radwegenetz, auf die verbesserte Wegweisung und auf die 170 Fahrradboxen an Bahnhöfen und Haltestellen.
Dass die Kriterien für das Gütesiegel „Fahrradfreundliche Stadt“ tatsächlich ausreichen, muss alle sieben Jahre überprüft werden. Im September klärt die so genannte „Bereisungskommission“, ob unter den Bewerbern (derzeit sind es neben Essen zwölf weitere in NRW) doch einem möglichen Wackelkandidaten näher auf den Zahn gefühlt werden muss und nur ein Ortstermin Klärung bringen kann. „Man muss nicht perfekt sein“, sagt dazu AGFS-Sprecherin Christine Schulz. „Es geht darum, sich vorbildlich weiter zu entwickeln.“