Im November 2011 ist Hildegard Schwarz im Alter von 89 Jahren gestorben – über ihre letzte Ruhestätte musste nun das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen entscheiden. Die Familie hatte sich gewünscht, dass die alte Dame neben ihrem jüdischen Ehemann Josef beerdigt wird. Doch Hildegard Schwarz war zwar aus der katholischen Kirche ausgetreten, aber nicht zum Judentum konvertiert. Darum weigerte sich die Jüdische Kultusgemeinde Essen, sie in der gemeinsamen Gruft auf dem jüdischen Friedhof in der Schulzstraße zu beerdigen.

Frau Schwarz musste schließlich auf dem benachbarten Parkfriedhof an der Steeler Straße beerdigt werden. Doch ihre – jüdischen – Stiefkinder mochten nicht aufgeben: Schließlich hatte sich das Ehepaar Schwarz mit dem Wunsch einer gemeinsamen Beerdigung schon 1971 an die jüdische Gemeinde gewandt. Obwohl die Bestattung von Nicht-Juden auf einem jüdischen Friedhof grundsätzlich nicht möglich ist, erklärte sich die Kultusgemeinde damals bereit, eine Ausnahme zu er möglichen. Die Eheleute bekamen eine schriftliche Zusicherung und zahlten vorab 1000 D-Mark für ihre Gruft. 1993 ließ sich Josef Schwarz die Gültigkeit des Vertrags von der Gemeinde bestätigen; und als er 1996 starb, wurde er auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt. Als seine Frau nach ihrem Tod 2011 neben ihm beerdigt werden sollte, weigerte sich die neue Gemeindeleitung jedoch: 1998 hatte man eine Friedhofssatzung erlassen, die gemeinsame Beisetzungen untersagt.

Dagegen pochte Stieftochter Rafaela Schwarz auf den Vertrag von 1971 und zog vors Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, um die Stiefmutter umbetten zu können. Die Richter, die zwischen dem Vertragsrecht und den Glaubensgrundsätzen abwägen mussten, zogen Gutachter zu Rate. Diese kamen zum Schluss, dass es keine bindende Glaubensauslegung im Judentum gebe. Die gemeinsame Bestattung von Juden und Christen sei problematisch, aber nicht ausgeschlossen.

Für Hans-Hermann Byron, den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der jüdischen Kultusgemeinde ist eine gemeinsame Bestattung mit dem jüdischen Glauben dagegen grundsätzlich nicht vereinbar. Ihn ficht auch nicht an, dass es auf dem jüdischen Friedhof in Essen Gegenbeispiele gibt; als prominentestes den ehemaligen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Georg Jolles, der neben seiner nicht-jüdischen Frau bestattet ist.

Den Umstand, dass Hildegard Schwarz ihren Mann sechs Jahre lang aufopferungsvoll pflegte, lässt Byron so wenig gelten wie die fast 40 Jahre währende Ehe der beiden. Es gehe nicht um emotionale Aspekte, sondern um die Einhaltung religiöser Gebote. Die habe die frühere Gemeindeleitung missachtet, als sie den Vertrag mit Familie Schwarz schloss. Dieser sei sittenwidrig und für die Gemeinde nicht bindend.

Die Richter urteilten anders: Die Gemeinde könne frei entscheiden, wen sie wo beerdige, doch abgeschlossene Verträge seien für sie bindend. (AZ: 14k 744/12). Eine Berufung ließ das Gericht nicht zu; sie kann aber beim Oberverwaltungsgericht beantragt werden. Man werde alle rechtlichen Mittel prüfen, sagt Byron. Denn auch die Möglichkeit, Andersgläubige auf einem Extrafeld zu beerdigen, sieht die Satzung der Gemeinde, der ein orthodoxer Rabbiner vorsteht, nicht vor. Wenn Hildegard Schwarz nun in die Gruft ihres Mannes umgebettet würde, befürchte Byron einen Dammbruch: Auch andere der 930 Gemeindemitglieder könnten sich auf das Urteil berufen.