Essen. . Bleibt die gemeinsame Verkehrsgesellschaft der Städte Essen, Mülheim und Duisburg auf halber Strecke liegen? Die Essener Verkehrs-AG stellt „Via“ auf den Prüfstand.

Seit geraumer Zeit knirscht es mächtig im Getriebe. Nun kommt der Motor vollends ins Stocken: Die Evag stellt „Via“, die gemeinsame Verkehrsgesellschaft der Städte Essen, Mülheim und Duisburg auf den Prüfstand. Dies hat der Aufsichtsrat in seiner gestrigen Sitzung einstimmig beschlossen. „Es ist an der Zeit, Bilanz zu ziehen und zu fragen: Was bringt uns das?“, formuliert Lothar Grüll, Geschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und frisch gewählter stellvertretender Vorsitzender des Evag-Aufsichtsrates. Alles deutet derzeit daraufhin, dass das ambitionierte Projekt auf halber Strecke liegen bleibt.

Vier Jahr sind vergangen, seit die drei Kommunen „Via“ aufs Gleis gesetzt haben, mit viel öffentlichem Tamtam und wohlklingender Begleitmusik aus der Landeshauptstadt. Sollte „Via“ doch als Blaupause dienen für eine städteübergreifende Zusammenarbeit im Revier. Das viel beschriebene und oft beklagte Kirchturmsdenken wollten die drei lokalen Verkehrsgesellschaften Evag, MVG und DVG hinter sich lassen. Doch die demonstrativ zur Schau gestellte Euphorie ist dahin, Ernüchterung hat sich breit gemacht. Nicht nur bei der Evag. Gemeinsame Aufsichtsratssitzungen bei „Via“ beschreiben Teilnehmer so: „Es herrscht Gefrierschranktemperatur.“

Dabei könne sich das wirtschaftliche Ergebnis sehr wohl sehen lassen. Jährlich 13,5 Millionen Euro wollten die drei städtischen Verkehrsgesellschaften durch „Via“ einsparen. Bis zum Jahr 2020 sollte dieses Ziel erreicht werden. Bei sechseinhalb Millionen pro Jahr sei man angekommen durch kostensparende Weichenstellungen, frei nach dem Motto, warum einzeln tun, was man auch gemeinsam kann. Getreu dieser Philosophie nahm „Via“ im April eine Automatenwerkstatt in Mülheim in Betrieb, in der auch Fahrkartenautomaten aus Essen und Duisburg repariert und gewartet werden.

Doch nicht nur Verdi-Mann Grüll beschleicht längst das Gefühl, dass es so recht nicht vorwärts geht auf dem gemeinsamen Weg. Das gelte insbesondere für den Overhead, die Verwaltung also. Dies ist auch strukturellen Problemen geschuldet, die bis heute nicht gelöst sind. So hat die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) ihr Personalmanagement - anders als die Evag - ihrer städtischen Holding übertragen, was eine einheitliche Personalstrategie bei „Via“ erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht. „Die Duisburger machen ihr eigenes Ding“, klagt Grüll. Inzwischen soll auch die Mülheimer MVG erwägen, wieder gleiches zu tun. Wobei nicht unerwähnt bleiben darf, dass es bei Personalfragen auch um Mitbestimmung geht, also um Einfluss und Macht, auch um die der Gewerkschaft.

Zusätzliche Steine hat der Gesetzgeber „Via“ in den Weg gelegt. Bislang ist es üblich, dass Mitarbeiter „Via“ oder einer Schwestergesellschaft per Gestellungsvertrag überlassen werden, aber Angestellte ihrer Muttergesellschaft bleiben. Der Vorteil: Dort getroffene Betriebsvereinbarungen bleiben gültig. Künftig ist diese gängige Praxis nur noch übergangsweise möglich, maximal für ein Jahr. Die Leidenschaft von Evag-Mitarbeitern, aber etwa zur Mülheimer MVG zu wechseln, dürfte Grülls Einschätzung nach gering sein. Erwog die Nachbarstadt doch erst jüngst, den Straßenbetrieb einzustellen und auf Busse umzusteigen.

Zu guter letzt vermisst der Gewerkschafter Leidenschaft für die gemeinsame Sache. Stets das Meiste für die eigene Stadt, für den eigenen Laden herausholen zu wollen - diese Haltung sei trotz „Via“ nie überwunden worden.