Essen. Die Essener Sparkasse zeigt bis zum 15. September in der Schalterhalle am III. Hagen 43 eine historische Kirmesausstellung. Der Schaustellerbund präsentiert zu seinem 95. Bestehen Schießbuden-Figuren und nostalgische Holzpferdchen.

Von einem „Jahrmarkt der Wünsche“ ist die Schalterhalle der Sparkasse an normalen Tagen ja weit entfernt. Das große Los zieht man hier nicht einfach für ein paar Groschen im Vorbeigehen. Und schwindelig gedreht wird mancher Besucher höchstens beim Anblick der Kontoauszüge. Doch seit Dienstag steht man mittendrin im Rummel zwischen Schießbudenfiguren und Holzpferdchen. Bis zum 15. September ist die Schalterhalle am III. Hagen 43 Schauplatz einer historischen Kirmesausstellung.

Kunst hat man hier schon häufig gesehen, für viele ja auch eine Form von Kapitalanlage. Aber Karussells? Albert Ritter, 1. Vorsitzender des Schaustellerverbandes Essen/Ruhrgebiet, hat die Öffentlichkeits-Offensive zum 95. Bestehen des Verbandes bestens vorbereitet.

2019 wird Hundertjähriges gefeiert, ein Europakongress der Schausteller ist sogar zu diesem Anlass geplant. Und weil Deutschland immer noch Volksfestland Nummer eins ist und die Schausteller-Tradition schon viele hundert Jahre alt, will man das Kulturgut Kirmes pflegen.

Rummel, das ist eben nicht nur Wildwasser-Rafting und rasendes Kopfüber-Gondeln. Zur Kirmes gehört hier auch das liebevoll mit Holzfiguren bestückte Kinderkarussell von 1920, der Wahrsager-Automat aus den 1960ern, das Kirmes Kasperle Theater von 1940 oder die fünf bunten Ringe, die von der letzten Boxbunde übrig blieben, die bis 1960 auf Reisen ging. Es war die Zeit, als sich Pärchen noch in der Raupe zur Kontaktaufnahme trafen und nicht bei Facebook und jeder Cent Stromerhöhung nicht gleich eine Bedrohung für eine Branche ist, die mit immer höheren Investitionen und sinkenden Umsätzen kämpfen muss.

„Man muss positiv bekloppt sein“

Richard Müller, 2. Vorsitzender des Schaustellerverbandes, kennt all diese Sorgen und trotzdem ist er mächtig stolz, an diesem Morgen mit seinen seltenen Exponaten in der Sparkasse zu stehen. Der veilchenfarbene Autoscooter gehört zu seiner Sammlung wie so manche kunstvoll bemalte Karussellfigur. Müller ist Kirmeskind von Anfang an. 200 Jahre Familientradition gilt es zu bewahren, manches einst von den Eltern verkaufte Stück hat er wieder zurückgeholt. Und so geht dem 50-jährigen Essener immer wieder das Herz auf, wenn der Opa zusammen mit dem Enkel am nostalgischen Autoscooter steht und in Erinnerungen schwelgt. „Dann weiß ich, dass mein Beruf wichtig war.“

Heute muss Müller nicht nur mit einem veränderten Freizeitverhalten klar kommen, sondern auch mit technischen Neuerungen in Schallgeschwindigkeit. Höher, schneller, teurer, das gilt oft im Leben und auf dem Rummel auch. Müller und Kollegen halten dagegen und das Alte in Ehren. Eine Ausstellung wie die in der Sparkasse ist für das jahrelange Engagement die schönste Belohnung, „aber man muss schon positiv bekloppt sein“.