Essen. . Essens Hauptbahnhof hat es diesmal nicht geschafft, Deutschlands Bahnhof des Jahres zu werden. Auch wenn er ihn persönlich mit der Note „2“ bewertet, sieht Juror Karl-Peter Naumann reichlich Nachholbedarf. Der Bahnhof sei nicht sexy genug und zu sauber für einen Ruhrgebietsbahnhof.

Die „Allianz pro Schiene“, die sich für einen höheren Marktanteil des Schienenverkehrs im Personal- und Güterverkehr einsetzt, hat den diesjährigen Bahnhof des Jahres gekürt: Wie zu erwarten -- es ist nicht der Essener Hauptbahnhof. Gewonnen hat bei den Großstadtbahnhöfen ein modern sanierter, schicker, wenngleich historischer Bahnhof – das Dreh- und Angelkreuz Dresdens. Essens ruhrpöttischer Gleispalast konnte da leider nicht mithalten. Charakteristisch fürs Revier sei er jedoch nicht.

„Er ist zu sauber für einen typischen Ruhrgebietsbahnhof“, meint zumindest Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender beim „Fahrgastverband Pro Bahn“, Vize im Bundesvorstand der Allianz pro Schiene und Juror des Wettstreits. Wenn es um die Finanzspritze geht, mit der Dresdens Hauptbahnhof von der Deutschen Bahn vor einigen Jahren kräftig aufgehübscht wurde, liegt er ebenfalls vorne: Stolze 250 Millionen Euro hat der bundeseigene Konzern in den aufwändigen Umbau des Kopfbahnhofs investiert. Für den hiesigen Durchgangsbahnhof waren nur 57 Millionen Euro fürs Facelifting übrig.

[kein Linktext vorhanden]Schwamm drüber. „Auch Essens Hauptbahnhof hat seine Vorzüge, wenngleich er damit lange nicht zu den Siegerbahnhöfen zählen wird“, ist sich Naumann sicher. Er hat den Gewinner in Dresden und das Essener Pendant auf seine Siegerqualitäten hin untersucht. Und auf seine Makel. „Es spricht überhaupt nichts dagegen, in Essen ein oder auszusteigen. Ich bekomme hier meine Brötchen, aber mit meiner neuen Freundin würde ich da sicher nicht hin gehen, um einen Cappuccino zu trinken“, lautet sein Urteil. Was fehle, ist das „gewisse Etwas, der letzte Pepp, die Sahne auf dem Kuchen. Weder der Bahnhofsvorplatz noch die Halle hätten beim Juror einen bleibenden Eindruck hinterlassen. „Um Bahnhof des Jahres zu werden, bedarf es etwas, was diesen Bahnhof besonders, ja was ihn sexy macht“, so Naumann. Und sexy sei der Betonklotz an der Freiheit eben nicht. Immerhin würde er ihm die Schulnote Zwei geben, „es gibt schließlich andere Großstadtbahnhöfe, die nicht in einem so guten Zustand sind.“ Ein großer Bahnhof habe in NRW noch nie gewonnen. Einziger erfolgversprechender Kandidat sei aus seiner Sicht Kölns Hauptbahnhof. Naumann: „Warten wir nächstes Jahr mal ab.“

In der Ruhrstadt sorgen derweil zwei „Baustellen“ für Kopfschütteln der Bahnpendler: Schon seit mehreren Monaten ist die Rolltreppe am Südeingang bei den Taxen defekt, ein Baufortschritt nicht erkennbar. „Der Bauzaun wird in den nächsten Tagen entfernt, die Rolltreppe wieder in Betrieb genommen“, heißt es auf NRZ-Anfrage bei der Bahn. Ein „noch nicht näher zu spezifizierender technischer Defekt“ sei verantwortlich für den Ausfall. Anlieferungen für die im Bau befindliche neue Bundespolizei-Wache könnten in der nächsten Zeit „vorübergehend zu einer kurzen erneuten Beeinträchtigung führen“, sagt ein Bahnsprecher weiter. Die Bahnsteige und die erste Etage im Bahnhof seien jedoch weiterhin barrierefrei über andere Rolltreppen erreichbar.

Weniger weit ist die Bahn mit ei-nem anderen, rechtlichen Problem. Dabei geht’s um den Fußboden, der bei der Sanierung der Bahnsteige verbaut wurde und der seither bröckelt und verdreckt –„ein schwebendes Verfahren, zu dem wir uns derzeit nicht äußern“, so die Bahn.

Der große Bahnhofstest

Die sechsköpfige Jury besteht aus Vertretern des Fahrgastverbandes Pro Bahn, dem Verkehrsclub Deutschland, dem Autoclub Europa, dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club ADFC, der Allianz pro Schiene und dem Deutschen Bahnkunden-Verband. Bewertet wurden unter anderem: Sauberkeit, Kundeninformation im Bahnhof, Verknüpfung mit öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Individualverkehr, Toiletten und Gepäckaufbewahrung.

Der Hauptbahnhof in Essen in historischen Bildern

Der Vorplatz des Essener Hauptbahnhofs am 27. Juni 1956, damals noch mit der Straßenbahn, die es heute nicht mehr gibt. Foto: Stadtbildstelle
Der Vorplatz des Essener Hauptbahnhofs am 27. Juni 1956, damals noch mit der Straßenbahn, die es heute nicht mehr gibt. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Das Innere des Hauptbahnhofs im Jahre 1964, noch gänzlich ohne Geschäfte. Foto: Stadtbildstelle
Das Innere des Hauptbahnhofs im Jahre 1964, noch gänzlich ohne Geschäfte. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Wieder ein Außenmotiv aus dem März 1963. Man achte auf den kleidsamen Käfer im Vordergrund. Foto: Stadtbildstelle
Wieder ein Außenmotiv aus dem März 1963. Man achte auf den kleidsamen Käfer im Vordergrund. Foto: Stadtbildstelle © Stadt Essen
Die Dampflokzeit im Essener Hauptbahnhof, Anfang der 1960er Jahre. Foto: Stadtbildstelle
Die Dampflokzeit im Essener Hauptbahnhof, Anfang der 1960er Jahre. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Die Bahnhofsunterführung von Süden. Foto: Stadtbildstelle
Die Bahnhofsunterführung von Süden. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Der Essener Hauptbahnhof im März 1956 noch im Originalzustand. Das elegante verglaste Cafe und die das gebogene Vordach sind schon seit Jahrzehnten verschwunden. Foto: Stadtbildstelle
Der Essener Hauptbahnhof im März 1956 noch im Originalzustand. Das elegante verglaste Cafe und die das gebogene Vordach sind schon seit Jahrzehnten verschwunden. Foto: Stadtbildstelle © Stadt Essen
Der Essener Hauptbahnhof aus der Vogelperspektive. Foto: Stadtbildstelle
Der Essener Hauptbahnhof aus der Vogelperspektive. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Die
Die "Bretterbude", der erste Hauptbahnhof von 1863 Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Der Rohbau des noch heute existierenden und jüngst sanierten Hauptbahnhofs aus den 1950er Jahren. Foto: Stadtbildstelle
Der Rohbau des noch heute existierenden und jüngst sanierten Hauptbahnhofs aus den 1950er Jahren. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Trotz der Bomben blieb vom schönen Hauptbahnhof aus dem Jahr 1902 noch einiges übrig. Das Gerippe wurde aber nach 1945 abgeräumt. Foto: Stadtbildstelle
Trotz der Bomben blieb vom schönen Hauptbahnhof aus dem Jahr 1902 noch einiges übrig. Das Gerippe wurde aber nach 1945 abgeräumt. Foto: Stadtbildstelle © Fremdbild
Der nördliche Bahnhofsvorplatz um 1910. Foto: Stadtbildstelle
Der nördliche Bahnhofsvorplatz um 1910. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Ein weiterer Blick ins Innere des Essener Hauptbahnhofs im Oktober 1964. Foto: Stadtbildstelle
Ein weiterer Blick ins Innere des Essener Hauptbahnhofs im Oktober 1964. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Die Bahnhofshalle Ende 1950er-Jahre Foto: Elegantes Warten. Bundesbahndirektion Essen
Die Bahnhofshalle Ende 1950er-Jahre Foto: Elegantes Warten. Bundesbahndirektion Essen © NRZ
Die Bahnhofs-Unterführung von Süden. Foto: Stadtbildstelle
Die Bahnhofs-Unterführung von Süden. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Sein Schmuddel-Image wollte das Gebäude einfach nicht los werden. Das Bild zeigt die Südseite des Hauptbahnhofs, 1999. Foto: Remo Tietz
Sein Schmuddel-Image wollte das Gebäude einfach nicht los werden. Das Bild zeigt die Südseite des Hauptbahnhofs, 1999. Foto: Remo Tietz © Remo Bodo Tietz NRZ
Die Unterführung auf der Nordseite.  Foto: Remo Tietz
Die Unterführung auf der Nordseite. Foto: Remo Tietz © Remo Bodo Tietz NRZ
Die Südseite des Bahnhofs im Jahr 1999. Foto: Remo Tietz
Die Südseite des Bahnhofs im Jahr 1999. Foto: Remo Tietz © Remo Bodo Tietz NRZ
Das große Vordach hat die einst immerhin stimmige Architektur völlig verändert. Foto: Remo Tietz
Das große Vordach hat die einst immerhin stimmige Architektur völlig verändert. Foto: Remo Tietz © Remo Bodo Tietz NRZ
Das
Das "Passarea"-Projekt verschwand im Archiv der gescheiterten Träume. Foto: Remo Tietz © Remo Bodo Tietz NRZ
Ein historisches Bild des Nachkriegsneubaus. Foto: Stadtbildstelle
Ein historisches Bild des Nachkriegsneubaus. Foto: Stadtbildstelle © Fremdbild
Fertig: Der Bahnhof im März 1956. Foto: Stadtbildstelle
Fertig: Der Bahnhof im März 1956. Foto: Stadtbildstelle © Stadt Essen
Mit der offiziellen Eröffnung des Essener Hauptbahnhofs... Foto: Stadtbildstelle
Mit der offiziellen Eröffnung des Essener Hauptbahnhofs... Foto: Stadtbildstelle © NRZ
...geht am Samstag eine lange Geschichte zu Ende. Foto: Stadtbildstelle
...geht am Samstag eine lange Geschichte zu Ende. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Zu der Eröffnung werden unter anderem Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und Minsterpräsident Jürgen Rüttgers erwartet. Foto: Stadtbildstelle
Zu der Eröffnung werden unter anderem Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und Minsterpräsident Jürgen Rüttgers erwartet. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Durchaus elegeant. Die Ecke des Hauptbahnhofs, wo sich in den 1950- und 1960er Jahren ein Cafe und heute das neue McDonalds-Haus befindet. Foto: Stadtbildstelle
Durchaus elegeant. Die Ecke des Hauptbahnhofs, wo sich in den 1950- und 1960er Jahren ein Cafe und heute das neue McDonalds-Haus befindet. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Ein weiteres Bild aus dem Inneren des 1960er-Jahre-Bahnhofs. Foto: Stadtbildstelle
Ein weiteres Bild aus dem Inneren des 1960er-Jahre-Bahnhofs. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Und auch dieses Foto zeigt, wie leer und frei von Geschäften die Bahnhofshalle damals war. Foto: Stadtbildstelle
Und auch dieses Foto zeigt, wie leer und frei von Geschäften die Bahnhofshalle damals war. Foto: Stadtbildstelle © NRZ
Kein sehr freundlicher Empfang: Der neue Bahnhof soll hingegen auch ein Aushängeschild der Kulturhauptstadt sein. Foto: Stadtbildstelle
Kein sehr freundlicher Empfang: Der neue Bahnhof soll hingegen auch ein Aushängeschild der Kulturhauptstadt sein. Foto: Stadtbildstelle © Remo Bodo Tietz NRZ
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