Essen. Am 19. Oktober erhält die Stadt Essen mit der Linie 109 nicht nur eine neue Straßenbahnstrecke, sondern auch 27 neue Niederflur-Straßenbahnen vom Typ NF2. Für die neuen Verkehrsmittel hat sich die EVAG etwas besonderes einfallen lassen: Die Bahnen sollen nach Essener Stadtteilen benannt werden.

Der Tag ist bei der EVAG auf dem Kalender rot markiert: 19. Oktober 2014, feierliche Eröffnung der neuen Strecke der Linie 109 und vor allem gleichzeitige Inbetriebnahme der futuristisch wirkenden Niederflurstraßenbahn NF2. Für diese Premiere hat sich die Verkehrsgesellschaft etwas Besonderes einfallen lassen: Was die DB mit dem ICE kann, das kann die EVAG mit der NF2 auch.

Jede der neuen 27 Niederflurbahnen wird nach einem Essener Stadtteil benannt - mit einem eigenen Schriftzug an der Fahrzeugseite. Damit der Fahrgast seine Bahn mit dem Namen nennen kann: Hier fährt die„Rüttenscheid“ - und da kommt die „Frohnhausen“.

Die Essener identifizieren sich mit ihren Bahnen und Bussen, findet EVAG-Sprecher Olaf Frei. „Wir gehören zur Stadt und unsere Straßenbahnen fahren durch unsere Stadtteile.“ So entstand die Idee für die Imagekampagne.

Straßenbahnen brauchen nötige Zulassung

Doch erstmal müssen die neuen Straßenbahnen aufs Gleis und brauchen die nötige Zulassung dafür. 27 Niederflurbahnen wurden bei Bombardier für 70 Millionen Euro bestellt. Vier davon befinden sich in Essen für Fahrerschulungen und Testfahrten. Ein fünfköpfiges Spezialisten-Team der EVAG ist gerade aus Bautzen zurück, wo das künftige „Flaggschiff“ der EVAG gebaut wird und inzwischen alle 14 Tage eine gelbe Bahn die Produktionshalle verlässt. Die Essener haben dort eine Woche lang die neue Tram auf Rad und Achse geprüft. Sie sprachen mit Gutachtern, Technikern, analysierten Prüfberichte und fuhren selbst Probe auf der Testschleife auf dem Gelände der Bombardier-Werke. Fährt sich gut, heißt es. Die Essener Arbeitsgruppe glaubt, dass der Terminplan eingehalten werden kann. Zur Eröffnung der Neubaustrecke für die Linie 109 am 19.Oktober soll die NF2 als erste Tram auf den neuen Gleisen rollen, betont Martin Dreps, zuständiger EVAG-Bereichsleiter für Fahrzeugtechnik und Beschaffung.

Bis dahin hat die Bahn ein fast zehnmonatiges Prüfverfahren, eine Art TÜV, durchlaufen. Solange dauert die Abnahme der ersten NF2 durch die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) der Düsseldorfer Regierungspräsidentin. Bis Ende dieses Jahres will die EVAG in Essen alle bestellten 27 Niederflur-Straßenbahnen in den Liniendienst stellen.

Anforderungen der EU-Crash-Norm

Deutschlandweit erstmalig muss sich diese Straßenbahn den Anforderungen der EU-Crash-Norm stellen. Die NF2 aus der Typen-Familie der „Flexity Classic“ ist deshalb hinter dem vorderen Bügel mit großen Stoßdämpfern ausgestattet worden, die bei einem Aufprall wie eine Knautschzone wirken und die Wucht für Fahrer und Fahrgäste deutlich mindern. Die Querträger der Fahrzeuge wurden verstärkt, um größere Verformungen zu vermeiden. Das macht die Tram vier bis fünf Tonnen schwerer, dafür aber sicherer. Und die Traglast hält ohne Probleme auch noch die immerhin eine Tonne schwere Klimaanlage aus, die erste, die in einer Essener Bahn eingebaut wird.

Falschparker bremsen Evag aus

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Auf dem Werksgelände im ostsächsischen Bautzen lassen die Ingenieure die neue Bahn nicht einfach (wie es der ADAC mit Neuwagen beim Crash-Test regelmäßig vorführt) vor die Wand fahren. Dafür ist der Zug schlicht viel zu teuer. Die Bewertung erfolgt aufgrund von Simulationsberechnungen. Nach dem bisherigen Stand der Dinge wird die NF2 die EU-Norm erfüllen. Und nicht nur das. Trotz verschärfter Brandschutzbestimmungen kann bei diesem Modell auf eine Sprinkler-Anlage in den Zügen voraussichtlich verzichtet werden, weil vor allem brandhemmende, zum Teil sogar „selbst verlöschende“ Materialien (etwa bei den Sitzen) verwendet werden.

"Keine gravierenden Mängel"

Martin Dreps ist mit dem bisherigen Verlauf zufrieden. „Es gibt keine großen gravierenden Mängel.“ Nur ein paar Kinderkrankheiten, z.B. eine nicht richtig schließende Türoder ein falsch verlegtes Kabel. Nichts Besorgniserregendes. Die bisher festgestellten Fehler lassen sich ohne größere Zeitverzögerungen beheben.

Martin Dreps ist davon überzeugt, dass er auf die richtige Bahn gesetzt hat. Sie ist zwar vom Anschaffungspreis nicht die günstigste, aber in Sachen Nachhaltigkeit habe sie am meisten gepunktet. Die EVAG setzt auf die alt bewährte Eisenbahntechnik der Drehgestelle, legt Wert auf geringen Wartungsaufwand und lange Haltbarkeit. „100 Prozent Edelstahl - da sind die Züge nach 30 Jahren noch nicht verrostet“, so der EVAG-Bereichsleiter.

286 Straßenbahnfahrer geschult

In Essen wurden bereits hundert der 286 Straßenbahnfahrer in der neuen NF2 geschult. Einer von ihnen war ganz begeistert: „Das Auto (Anm: gemeint ist die Bahn) kannst Du mir immer geben, da würd’ ich am liebsten nur noch 109 fahren.“ Die Fahrlehrer loben die Bremsen und das leichtere Anfahren der Tram. Anfängliche Probleme hatte der eine oder andere nur mit dem Touchscreen am Pult.

Welche Stadtteil-Namen die neuen Gelben mit den Seriennummern 1601 bis 1627 erhalten werden, wird noch nicht verraten. Essen hat 50 Stadtteile, gehen also 23 Viertel leer aus. Macht nichts. In drei Jahren startet die Ausschreibung für 45 neue Stadtbahnen für die U-Bahnlinien U11, U17 und U18. Da ist noch jede Menge Platz für Schriftzüge. „Warum nicht?“, findet Olaf Frei.