Essen. Die Stadt Essen will in Zukunft Wettbüros besteuern – und damit dem Beispiel der Stadt Hagen folgen. Doch auf dem Weg dahin hagelt es Kritik: Die Suchthilfe sieht die neue Steuer mit großer Skepsis, Warnungen kommen auch vom Städte- und Gemeindetag NRW und der Industrie- und Handelskammer.

Die Wette ist ziemlich sicher gewesen: Auch die Stadt Essen will Wettbüros in Zukunft besteuern und damit dem Beispiel der Stadt Hagen folgen. „Wir haben den Prozess dort intensiv und mit viel Sympathie verfolgt. Auch wir prüfen die Einführung dieser Steuer“, sagte Ordnungsdezernent Christian Kromberg.

Vom reinen Prüfen ist man aber offensichtlich schon einen Schritt weiter. Denn Kromberg erklärte im Gespräch, dass die Verwaltung derzeit an einer Entscheidungsvorlage für den Stadtrat arbeite, die in die Haushaltsberatungen im Herbst eingebracht werden soll.

Man rechnet mit rund 360.000 Euro im Jahr

Ein erkleckliches Steuersümmchen für die klamme Stadtkasse dürfte dabei zwar nicht herumkommen, aber immerhin: Kromberg schätzt die Einnahmen für Essen – hochgerechnet aus den Hagener Zahlen – auf rund 360.000 Euro pro Jahr.
Zwar will Essens oberster Ordnungshüter das Thema nicht fiskalisch diskutiert wissen, dennoch räumt Kromberg ein: „Dass man die Haushaltssituation dabei nicht aus dem Auge verliert, ist auch klar.“

Schätzungsweise 40 Wettbüros für Sport- und Pferdewetten gibt es momentan in der Stadt, die genaue Zahl lässt Kromberg derzeit ermitteln. Das ist gerade wegen der Abgrenzung von kleinen Kneipen mit Tippautomaten und den professionell geführten Wettbüros nicht ganz einfach.

Suchthilfe skeptisch

Die Steuer soll helfen, „das Thema Wetten nicht ausufern zu lassen. Das gibt uns der Gesetzgeber schließlich so vor“, sagt Kromberg. Auch die Stadt Hagen hatte den Vorstoß vor allem damit begründet, gegen das Glücksspiel und die Spielsucht vorgehen zu wollen.

Mehr Informationen zur Steuer auf Wettbüros

Die Stadt Hagen berechnet die Steuer nach der Größe des Wettbüros: Wettbürobetreiber sollen dort zukünftig monatlich 200 Euro je 20 Quadratmeter Fläche zahlen. Die erwarteten Einnahmen bei den in Hagen ansässigen 16 Wettbüros sollen demnach bei rund 120 000 Euro liegen.

Der Bund der Steuerzahler kritisiert eine Wettbürosteuer als scheinheilig. Den Kommunen gehe es nicht darum, die Spielsucht zu bekämpfen, sondern darum, die Haushaltskasse zu füllen. Auch die Industrie- und Handelskammer Essen meint: „Die steuerliche Belastung einer einzelnen Branche in Essen zum Zweck der allgemeinen Haushaltssanierung darf kein probates Finanzierungsmittel sein.“

Neben Essen und Hagen wollen weitere Städte in Nordrhein-Westfalen die Wettbüro-Steuer einführen u.a. Dortmund, Duisburg, und Herne.

Ob dieses Ziel mit einer solchen Steuer erreicht wird, sehen die Experten der Suchthilfe in Essen zumindest mit großer Skepsis. Die Steuer belaste zunächst den Betreiber des Wettbüros, doch dieser könne die höheren Kosten auf die Kunden umlegen. „Ob eine solche Steuer das Spielverhalten beeinflusst, ist zu bezweifeln“, sagt Bärbel Marrziniak von der Suchthilfe.

Warnungen kommen außerdem vom Städte- und Gemeindetag NRW. Da die ersten Wettbüros bereits mit Klagen gedroht haben, sollten Städte wie Essen besser abwarten, bis es erste richterliche Beschlüsse gebe, heißt es.

2006 schloss die Stadt 47 Wettbüros

Schließlich hatte sich Essen schon vor einigen Jahren beim Thema Wettbüros eine blutige Nase geholt. 2006 hatte die Stadt 47 Wettbüros geschlossen und musste dies nach einer Änderung der Rechtsgrundlage wieder zurücknehmen. Bis heute sollen noch Schadensersatzklagen anhängig sein, wobei am Ende die Frage zu klären ist, wer im Falle einer Niederlage für die Kosten aufkommen muss – Essen als rechtausführende Kommune oder das Land.

Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) warnte vor drohenden juristischen Folgen: „Schon jetzt ist absehbar, dass die Belastung des örtlichen Wettbürogewerbes ein enormes Rechtsstreitpotenzial birgt und mit Rechtsunsicherheit für die Unternehmen verbunden ist“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Gerald Püchel.