Essen. . Bei der Aktion „WAZ öffnet Pforten“ schauten sich Leser in den Backhallen von Bäcker Peter in Essen um. Jeden Tag entstehen dort 8000 Brote, 80 000 Brötchen und 7000 Kuchenstücke. Bei der Führung durften die Gäste sogar selbst ihr Backtalent zeigen.

Noch bevor die Leserführung richtig startet, legt Roswitha Schneider die Messlatte für Bäckermeister Klaus Peter schon mal hoch: „Eine Hausfrau könnte das doch genauso gut“, sagt die Essenerin etwas provokant. Sie backt selbst viel Brot und ärgert sich häufig über so manches zu helle und zu weiche Brötchen aus Bäckereien.

Das kann Klaus Peter für sich und sein Unternehmen natürlich nicht unwidersprochen lassen: Er habe drei Jahre eine Lehre gemacht, dann die Gesellenprüfung und schließlich den Meister. Und er sei schon viele Jahre im Geschäft. Was wohl heißen soll: So viel Erfahrung habe eine Hausfrau bei allem Respekt dann doch nicht. Auch mit dem Irrglauben, Bäcker wie er verwenden viele Backmischungen, räumt Klaus Peter auf: „Wir verarbeiten nur Rohstoffe.“ Und Roswitha Schneider sagt anerkennend: „Das hätte ich so nicht gedacht.“

So viele Brote, die täglich die Backhallen an der Straße Zur Schmiede verlassen, hat Roswitha Schneider im Leben wohl noch nie gebacken. Um die 50 Filialen zu beliefern, müssen Peters Bäcker täglich 80.000 Brötchen und 8000 Brote herstellen. Hinzu kommen 7000 Kuchenstückchen. Um diese Mengen fertig zu bekommen, geht es schon abends ab 23 Uhr in der Backstube XXL rund. Etwa sieben Stunden dauert es, bis ein Brötchen in der Filiale landet – vom Anrühren des Teiges bis zur Anlieferung.

Viele Backbetriebe verschwunden

So viel Zeit brauchen die 28 WAZ-Leser an diesem Tag nicht, um ihr eigenes Brot zu backen, und um es anschließend mit nach Hause zu nehmen. Mehl, Zucker, Sauerteig, Haferflocken, eiskaltes Wasser, Hefe, Salz und Butter schütten sie zusammen in eine riesige Schüssel – dann kann die große Knetmaschine loslegen. Dann wird der Teig aufgeteilt und Gästeführer Michael Husemann gibt das Kommando: „Faust rein in den Teig, Ohren langziehen, umklappen, drehen!“ Auf diese Weise formt sich Schritt für Schritt ein kleines Brot, das jeder noch individuell gestalten kann. Und so wandern grinsende Gesichter, Männchen mit dicker Nase, Sonnen, Herzen oder einfach nur Brote mit Schlitzen in den Backofen.

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Viele Backstuben gibt es in Essen nicht mehr. In den 60er Jahren gab es laut Klaus Peter noch rund 450 Bäcker, geblieben sind rund 20 backende Betriebe. Viele Bäckermeister haben aufgegeben, viele aus Nachwuchsmangel. Die Großen haben die Kleinen geschluckt und sind so gewachsen. Discounter wie Aldi oder Lidl verstärken den Verdrängungswettbewerb, seit sie angefangen haben, frische Backwaren zu verkaufen.

Moderne Lebensmittelindustrie

Mit einer kleinen, dunklen, heißen Backstube haben die Hallen von Bäcker Peter nichts gemein. Mehrstöckige Backöfen, Fließbänder, große Rührmaschinen und Silos mit Mehl zeigen, was moderne Lebensmittelindustrie heute ausmacht.

Stefan Rogal ist begeistert. Er will wiederkommen, wenn die Bäcker in der Nacht richtig loslegen und die Backstube „glüht“. „Mir würde die Arbeit Spaß machen“, sagt er und schiebt ein Aber hinterher: „wenn es nicht mitten in der Nacht wäre.“

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