Essen. Der 11. Christopher Street Day Ruhr brachte gute Laune, bunte Farben und auch politische Botschaften in die Innenstadt. Reinhard Paß gab der Parade bis zum Ende sein Geleit. „Ein tolles Zeichen für diese Stadt“, lobten die Veranstalter.

Aus einem kleinen Bus schmettern Hits wie Helene Fischers „Atemlos“ oder Andreas Bouranis „Ein Hoch auf uns“ durch die Boxen, dahinter hat sich eine rund 300-köpfige Parade versammelt, die bereits am Startpunkt, am Willy-Brandt-Platz, für mächtig Stimmung sorgt und die Blicke der Passanten schnell auf sich zieht.

Wer an diesem Samstag einfach nur gemütlich shoppen will, der wird Zeuge eines farbenfrohen Straßenfestes mit überaus gut gelaunten Menschen - darunter schrill-kostümierte Drag-Queens oder muskulöse Kumpel mit pinken Bergbauhelmen - die geduldig für Handyfotos der Schaulustigen posieren. Spätestens als die große Regenbogenfahne gespannt wird, das Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung, dürfte dem letzten Passanten klar sein, dass es sich hier um den Ruhr-Christopher Street Day, dem größten schwul-lesbischen Straßenfest des Ruhrgebiets, handeln muss. Das Motto: „Liebe. Leben. Queer im Revier!“

Das wird auch in die Tat umgesetzt. „Hut ab, ich könnte auf diesen Absätzen nicht laufen“, zeigt sich eine Passantin beeindruckt. Just in diesem Moment stolziert ein Transvestit im knappen bunten Minirock über den Asphalt. „Aber er kann’s tragen“, lacht die Zuschauerin und schaut fast neidisch auf die endlos langen Beine, die in den knapp 15-Zentimeter-hohen High-Heels stecken. Begleitet wird die Drag-Queen mit den langen platinblonden (Kunst-)Haaren von einem Mann in Paillettenhose und pinkfarbener Federboa.

Bei 30 Grad fiel das Sakko von Oberbürgermeister Reinhard Paß

Essens Oberbürgermeister Reinhard Paß fällt da in seinem schwarzen Anzug mit dem weißen Hemd schon auf, ist aber als Schirmherr natürlich mittendrin. Bei anfänglich noch 30 Grad und strahlender Sonne am Mittag legt Essens erster Bürger sein Sakko schnell ab und greift nach einem Zipfel der Regenbogenfahne, die er anschließend gemeinsam mit einigen Anhängern der Parade quer durch die Stadt bis zum Kennedyplatz trägt.

Mitorganisator Dietrich Dettmann ist da schon fast ein wenig gerührt.. „Das macht uns sehr stark. Ich bin überwältigt, dass der Oberbürgermeister die gesamte Parade mitgelaufen ist, ein tolles Zeichen für diese Stadt.“ Politische Unterstützung, die willkommen ist. Schließlich sieht es in dieser bunten und schrillen Welt von Schwulen, Lesben oder Transsexuellen nicht immer ganz so rosig aus wie es an diesem Tag scheint.

Eine Gleichstellung der Lebensweisen ist das Ziel

Die Parade ist nämlich keine reine Spaßveranstaltung, sondern seit ihren Anfängen auch eine Demonstration mit ernsten Hintergründen. In der Christopher Street in New York hatte es 1969 heftige Auseinandersetzung zwischen Schwulen und der New Yorker Polizei gegeben, die Schwulenbewegung erinnert seither jährlich an die Ereignisse und verknüpft sie mit der Forderung nach Toleranz und Gleichstellung ihrer Lebensweise mit der von Heterosexuellen.

Laut Mitveranstalter Dietrich Dettmann hat sich zwar viel getan, aber noch nicht genug: „Es kann nicht sein, dass Schwule und Lesben seit fast zehn Jahren eine Lebenspartnerschaft eingehen können, diese aber steuerlich anders behandelt wird, als herkömmliche Ehen.“ Um auf diese und andere Themen aufmerksam zu machen, nutzten die beteiligten Verbände die Bühne auf dem Kennedyplatz.

Über den Tag verteilt seien hier wohl Tausende Passanten vorbei gekommen, so Dettmann. Zwischen ernsten Diskussionen und einer Schweigeminute für an HIV verstorbene Menschen wird es dann aber dank der Showeinlagen immer wieder bunt und schrill; auch nach dem heftigen Gewitter am Nachmittag - auf das ja eigentlich ein Regenbogen hätte folgen müssen.

Kumpelparade

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