Marius Nieland, der am Samstag im Alter von nur 42 Jahren nach schwerer Krankheit verstarb, hat Essens Kämmerei mit dem analytischen Verstand eines Wirtschaftswissenschaftlers geführt
Wenn Marius Nieland Tabellen und Balkendiagramme an die Wand warf, über Portfolio-Management und Privatisierungsvorhaben referierte, schien auf einmal alles ein Kinderspiel. Ausgeglichener Stadthaushalt, Veräußerung der politisch gehüteten Kommunalschätze wie Allbau und RWE-Aktien, Abschied vom teuren Aufbau Ost - fast lustvoll dachte der Essener Kämmerer regelmäßig das Undenkbare weiter.
Marius Nieland war im Essener Rathaus eine ungewöhnliche Erscheinung. Im März 2004 wurde der Mönchengladbacher, gerade 38 Jahre alt, in die Dezernentenriege gewählt. Der Diplom-Kaufmann arbeitete zuvor als Prokurist bei der Wirtschaftsprüfungsgsellschaft BDO und verfügte über die in dieser Branche zentralen Eigenschaften: scharfer analytischer Verstand, Entscheidungsstärke und hohe Belastbarkeit.
Immer wieder wurde auf den Rathausfluren darüber spekuliert, warum ein Wirtschaftswissenschaftler von Nielands Format freiwillig an die Spitze einer Stadtverwaltung wechselt. Die Dienstwege einer Kämmerei - sie passten nicht zu einem wie Nieland. Sein Vater, ebenfalls ein Kommunalbeamter, mag ihm Vorbild gewesen sein. Zudem ließ die Vehemenz, mit der er Essen aus dem riesigen Schuldenturm führen wollte, auf eine persönliche Mission schließen: Den laxen Umgang mit öffentlichem Geld konnte er schwer ertragen. Er artikulierte dies auch als Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Kämmerer.
Nieland habe sich der "Devise für ein gerechtes Sparen verschrieben", so Oberbürgermeister Reiniger, und "trotz aller Schwierigkeiten in einer finanzkritischen Zeit selbstbewusst und optimistisch in die Zukunft geblickt".
Den genauen Antrieb dieses Mannes kannte kaum jemand, denn Nieland ist selbst engen Mitarbeitern über die Jahre eher fremd geblieben. Er schien vieles mit sich auszumachen, sich nicht vielen Menschen persönlich zu öffnen. Sein Arbeitspensum beeindruckte jedoch auch Kollegen, die den eher familiären Charakter der Essener Stadtverwaltung schätzen. Mit eiserner Disziplin und großer Härte gegen sich selbst kehrte Nieland auch dann immer wieder an den Schreibtisch zurück, als ihn seine Krebs-Erkrankung schon schwer gezeichnet hatte. Wie selbstverständlich mutete er sich auch noch den Kraftakt zu, das Neue Kommunale Finanzsystem (NKF) mit Bilanzierungsregeln der freien Wirtschaft in Essen einzuführen.
Am Samstag ist Marius Nieland im Alter von nur 42 Jahren verstorben. Er hinterlässt seine Frau und eine zwölfjährige Tochter. Marius Nieland wird am kommenden Freitag um 11.30 Uhr auf dem Hauptfriedhof seines Wohnsitzes Mönchengladbach (Viersener Straße) beigesetzt.