Essen. Nur sechs Stunden nach seinem Rauschgift-Prozess wurde ein 22-Jähriger aus dem Essener Ostviertel schon wieder rückfällig. Polizisten erwischten ihn mit Haschisch. Da konnte auch die Richterin, vor der sich der junge Mann am Freitag verantworten musste, ihre Verärgerung nicht verbergen.
In der Liste von Deutschlands schnellsten Rückfalltätern hätte der 22-Jährige aus dem Essener Ostviertel einen Spitzenplatz sicher. Nur sechs Stunden nach seinem Rauschgiftprozess erwischten Polizisten ihn am 14. März wieder mit Haschisch. Am Freitag musste er sich deshalb erneut vor dem Amtsgericht Essen verantworten und bekam „eine letzte Chance“.
Richterin Katja Domin verbarg ihre Verärgerung nicht: „Was haben Sie sich denn dabei gedacht? Uns erzählen sie am 14. März wortreich, wie Sie mit dem Suchtdruck umgehen, und abends kiffen Sie schon wieder.“ Ob er da die Einstellung des damaligen Verfahrens gefeiert habe. Ein wenig hielt die Richterin doch an sich: „Ich sage besser nicht, was ich gedacht habe, als ich die neue Anklage auf den Tisch bekam.“
Reue und Einsicht beim Angeklagten: "Das war sehr dämlich“
Der 22-Jährige signalisiert Reue und Einsicht: „Ich weiß auch nicht, was mich geritten hat. Das war sehr dämlich.“ Er sei jetzt aber clean und fange in einer Woche eine Ausbildung an. Sein Verteidiger Andreas Wieser weist darauf hin, dass mehrere Drogentests im Urin negativ ausgefallen seien. Der Mandant melde sich auch regelmäßig bei der Suchthilfe.
Dass Richterin Domin den Angeklagten für den Besitz von 0,65 Gramm Haschisch mit einer Geldstrafe in Höhe von 630 Euro (90 Tagessätze), zahlbar in Monatsraten von 25 Euro, relativ milde bestrafte, lag an dem, was er aus seinem Leben trotz vieler Hindernisse gemacht hat. Bewährungshelferin Petra Dreier-Wenmakers erinnerte daran, dass er der Sohn einer Drogensüchtigen ist, die ihn verließ, als er 13 war. Seitdem lebt sie im Ausland, hat keinen Kontakt zu ihrem Sohn.
Essener gehört zur Kiffer- und Sprayerszene
Seit seinem 14. Lebensjahr konsumiert er Haschisch, gehört zur Kiffer- und Sprayerszene, die für ihn eine Art Familienersatz war. Gesellschaftliche Realitäten habe er abgelehnt, sein Aussehen sei sonderbar gewesen. Sein Strafregister umfasst schon zwölf Eintragungen. Und dennoch hat die Bewährungshelferin in der letzten Zeit ein Umdenken festgestellt. Er stelle sich den Problemen, nehme Hilfe in Anspruch. Es gehe aufwärts, auch wenn Rückfälle nie auszuschließen seien.
Auch die Richterin erkannte das Umdenken an. Sie zitierte einen Satz des Angeklagten: „Es ist ganz schön anstrengend, sein Leben neu zu erfinden, wenn man 22 ist.“ Einen anderen Satz gab sie ihm mit auf den Weg: „Ich muss Ihnen nicht sagen, was passiert, wenn Sie noch einmal hier sitzen.“