Essen. Die CDU-Führung hat sich inoffiziell auf den Ratsfraktionsvorsitzenden festgelegt. Das Problem der möglichen parteiinternen Konkurrenten: Sie sitzen alle im Verwaltungsvorstand und müssen mit ihrem Chef Reinhard Paß als Gegner rechnen, sollte die SPD ihn für eine zweite Amtszeit aufstellen.
Offiziell hält sich die Essener CDU noch bedeckt, doch intern ist nach WAZ-Informationen im engeren Führungskreis eine wichtige Personalie geklärt: Thomas Kufen wird im September 2015 für das Amt des Oberbürgermeisters kandidieren und entweder Reinhard Paß herausfordern oder gegen einen anderen SPD-Kandidaten antreten. Der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion hat sich das Votum nicht leicht gemacht und seine Ambitionen im Land und in Essen längere Zeit abgewogen, sich nun aber für die Kommunalpolitik entschieden.
Essens CDU-Chef Franz-Josef Britz wie auch Kufen selbst zogen sich gestern auf die offizielle Linie zurück: „Es bleibt dabei, dass wir Ende dieses Jahres auf einem Parteitag entscheiden“, sagt Britz. Wenn nichts Ungewöhnliches geschieht, ist dies aber kaum mehr als eine Formsache. Der Berufspolitiker und gelernte Kaufmann Kufen, der in einigen Tagen 41 Jahre alt wird, ist in seiner Partei zwar nicht unumstritten, hat aber in der letzten Ratsperiode als Moderator des CDU-geführten Viererbündnisses intern an Statur gewonnen. Auch im Süden der Stadt, wo mancher den Borbecker vor Jahren noch als „Leichtgewicht“ verspottete, genießt er inzwischen breiten Respekt, heißt es in Parteikreisen.
Christian Kromberg fühlt sich Reinhard Paß verpflichtet
Aus dem Rennen sind damit wohl weitere mögliche CDU-Kandidaten, die jedoch alle ein Problem haben: Sie sitzen bei Reinhard Paß im Verwaltungsvorstand und tun sich schwer anzutreten, solange unklar ist, ob die SPD Paß wieder aufstellt. Grundsätzliche Ambitionen auf eine OB-Kandidatur werden etwa Personal- und Ordnungsdezernent Christian Kromberg nachgesagt. „Er wird aber auf keinen Fall Paß herausfordern“, sagt einer, der ihn gut kennt. Kromberg fühle sich dem OB verpflichtet, seitdem dieser maßgeblich dazu beitrug, ihn in sein Amt zu befördern.
Außerdem müsste Kromberg sich im Falle einer Niederlage wieder Paß unterordnen, was nach einem Wahlkampf mit unvermeidlichen wechselseitigen Angriffen nur schwer vorstellbar ist. Ähnliche Hemmungen hat Sozialdezernent Peter Renzel, der sich das OB-Amt ebenfalls zutraut. Auch Kämmerer Lars Klieve hätte nach Meinung mancher das Zeug zum Kandidaten, gilt aber in der eher sozialpolitisch orientierten Essener CDU wegen seiner liberal-konservativen Grundhaltungen als wenig chancenreich.
Auch die Landes-CDU sähe Kufen gern als Kandidaten
Parteichef Britz verweist nicht ohne Stolz darauf, dass die CDU jedenfalls mehrere geeignete Kandidaten besäße, während die SPD zwar mit Paß hadert, aber keine überzeugende personelle Alternative habe. Er selbst will nicht mehr antreten. Mit bald 67 sei ein solches Amt nicht mehr angezeigt.
Die OB-Kandidatur von Thomas Kufen wird auch von der Landes-CDU gefördert. Kufen ist seit vielen Jahren ein Vertrauter des CDU-Landesvorsitzenden Armin Laschet, beide haben das Thema Integration in die CDU getragen, Laschet als Minister, Kufen in seiner Zeit als NRW-Integrationsbeauftragter von 2005 bis 2010. Beide bewegt stark die Frage, wie die CDU in Großstädten wieder eine stärkere Rolle spielen könnte.
Hoffnung geht dahin, dass die Grünen Kufen in einer Stichwahl unterstützen
Seit jüngst Düsseldorf verloren ging, wird keine einzige der zehn größten deutschen Städte von einem OB regiert, der der CDU angehört. „Für die Landespartei ist die OB-Wahl in unserer Stadt deshalb ein wichtiger Prüfstein“, heißt es in der Essener CDU. Kufen wird in Düsseldorf zugetraut, als Repräsentant einer „modernen“ Großstadt-CDU Essen zurückzugewinnen.
Einige Hoffnungen verbinden sich dabei mit der Haltung der Essener Grünen, die zu den entschiedensten Gegnern von Oberbürgermeister Paß zählen. Kufen hat mit den Grünen im Rat zehn Jahre gut zusammengearbeitet und trotz zuletzt zunehmender inhaltlicher Differenzen den Draht nicht abreißen lassen. „Da ist Vertrauen gewachsen“, heißt es auf beiden Seiten. Dem Vernehmen nach wären führende Grüne bereit, Kufen zumindest in einer Stichwahl zu unterstützen, falls kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit holt - immer vorausgesetzt der Gegner heißt Reinhard Paß