Essen. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 ist Geschichte. Geht es nach einigen Kennern des Essener Jugendfußballs, soll aber jetzt noch ein Kapitel dazukommen. Der Titelgewinn der DFB-Auswahl könnte mehr Kinder für den Fußball begeistern und Nachwuchs in die Vereine bringen.

Am Brandenburger Tor rollen längst wieder die Autos auf der Fanmeile. Deutschlandfähnchen sieht man nur noch vereinzelt an vorbeifahrenden Autos im Wind flattern. Der (Fußball-)Alltag ist wieder eingezogen. Bleibt die Frage der Nachhaltigkeit. Dirk („Putsche“) Helmig, früherer Profi der Rot-Weißen, führt in Essen die Fußballschule „Ballkontakt“. Der 49-Jährige verzeichnet schon einen „kleinen Boom“. 80 Kinder in der ersten Ferienwoche, das sei schon eine normale Zahl. Auf die gesamten Sommerferien gesehen, sei aber schon ein Zugang zu verzeichnen. „Beweisen kann ich es nicht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass der Zuwachs etwas mit dem WM-Titel zu tun hat. Was festzustellen ist: Der Anteil der Jüngeren nimmt immer mehr zunimmt.“

Unübersehbar ist, dass die 6- bis 12-jährigen Fußballer, die in die Fußballschule kommen, auf die WM zurückgehen. Viele kleine Götzes und Schweinsteigers laufen bei „Ballkontakt“ an der Seumannstraße, wohin kurzfristig wegen der Sturmschäden auf der Helmut-Rahn-Sportanlage umgezogen wurde, herum. „Und im Tor kann es natürlich nur einen geben“, erzählt Helmig. Wer zwischen den Pfosten steht, ist „Neuer“.

WM-Titel mit positiven Folgen

Helmig, der frühere Profi und heutige Talent-Scout bei Rot-Weiss, ist sich sicher, dass die Amateurvereine und da besonders die Jugend von dem WM-Titel profitieren werden. „So soll es auch sein. Und durch ihre Nachwuchsarbeit haben die Vereine ja irgendwie auch ihren Anteil am WM-Gewinn.“

Klaus Koglin (65) und Josef Wosnitza (62), die Jugendausschuss-Vorsitzenden der beiden Essener Fußballkreise Südost und Nordwest, sind sich sicher, dass der WM-Titel positive Folgen zeitigen wird. „Der Titelgewinn 1990 hat seinerzeit einen Boom ausgelöst. Zu Saisonbeginn hatten wir 17 Jugendmannschaften mehr am Start“, erinnert sich Klaus Koglin. Der Kreis Südost, für den er zuständig ist, hat zurzeit 32 Fußballklubs. In 25 von ihnen spielen insgesamt 273 Jugendmannschaften. Die Zahlen stagnierten zuletzt. „Wie groß der Zuwachs sein wird, kann ich jetzt in den Ferien noch nicht sagen. Aber auch, wenn es nur zwei Handvoll Mannschaften mehr sein werden, wäre das toll.“ Kapazitäten seien bei den Vereinen auf jeden Fall noch vorhanden, auch wenn mancher Klub mit 20 Jugendmannschaften an seine Grenzen stoße. „Das Konkurrenzdenken ist aber nicht so groß, dass solch ein Verein nicht raten würde, sich beim Nachbarklub mal umzuschauen.“ Den Zuwachs erwartet Klaus Koglin vor allem bei den Jüngsten (Bambini bis F-Jugend).

Vielleicht zweite oder dritte F-Jugend

Im Kreis Nordwest rennen Kinder und Jugendliche in knapp 300 Mannschaften bei 38 Klubs dem Fußball hinterher. „Ich denke, die Vereine werden einen Zulauf haben“, sagt Josef Wosnitza, den er wie sein Kollege vor allem bei den Jüngsten sieht, wo in den vergangenen Jahren die Zahl der Mannschaften gesunken sei. „Der eine oder andere Verein kann vielleicht eine zweite oder dritte F-Jugend aufmachen. Das wünsche ich auf jeden Fall den Vereinen.“

Auch Josef Wosnitza kann sich gut daran erinnern, dass der WM-Titel 1990 einen positiven Effekt hatte. Zehn bis 20 neue Mannschaften mehr könne er sich auch 2014 durchaus vorstellen. An „goldene Zeiten“ werden die Zahlen aber wohl kaum heranreichen. Josef Wosnitza: „Ich kann mich noch gut an 1979 erinnern. Da hatten wir drei C-Jugend-Gruppen mit jeweils zwölf Mannschaften.“ Wer weiß, vielleicht war das ja auch eine nachhaltige Wirkung des WM-Titels von 1974.