Achte Klasse – da sind sie mitten drin in den Wirrnissen der Pubertät. Und haben vielleicht anderes im Sinn, als Englisch-Vokabeln zu büffeln, Gleichungen mit zwei Unbekannten zu lösen oder ein Sonett auseinanderzunehmen.

Die Frage also, welchen Lernstand Essens Schüler mit 14, 15 Jahren haben, interessiert vor allem Eltern, Lehrer – und Politiker wie den hiesigen FDP-Vorsitzenden Ralf Witzel, der jetzt in einer Kleinen Anfrage an die NRW-Landesregierung die Essener Ergebnisse der so genannten Lernstands-Erhebungen abfragte.

Und der bemerkenswerte Ergebnisse präsentiert bekam – in Teilen bemerkenswert schlechte. So kommt, manchen mag das beängstigen, im Fach Mathematik von 4.600 Essener Schülerinnen im Schnitt jeder Neunte nicht über das unterste Anforderungsniveau hinaus. Bei Sprachbetrachtungen im Deutschen muss jeder Fünfte passen, wenn es einen Hauch anspruchsvoller wird, beim Lesen englischer Texte jeder Achte.

Auf der anderen Seite gilt: Komplexe, anspruchsvolle Mathe-Aufgaben zu lösen, das gelingt jedem elften Schüler, jeder achte geht versiert mit dem Deutschen um, und auch Englisch hat jeder Vierte gut oder sehr gut drauf.

Mit diesen Durchschnittsergebnissen liegen Essens Achtklässler laut Schulministerium etwas besser als ihre Altersgenossen in der Region des RVR und in etwa im Landesschnitt.

Was den FDP-Landtagsabgeordneten aufmerken lässt, sind die beachtlichen Lernstands-Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulformen, von denen Schulministerin Sylvia Löhrmann sagt, dass sie für Vergleiche der Leistungsfähigkeit „ungeeignet“ seien. Witzel tut’s dennoch, er hält eine vermeintliche Unvergleichbarkeit für „völligen Nonsens. Das ist nur politisch nicht gewollt.“

Denn die Statistik des Landes zeigt: Gerade die Gesamtschulen schneiden bei den Lernstandstests eher schlecht ab. Das gilt nicht nur für die dortigen Grundkurse, bei denen teilweise die Hälfte der Schülerinnen und Schüler über das unterste Niveau nicht hinauskommen, sondern auch für die Erweiterungskurse mit den leistungsstärkeren Teilnehmern, die nur das durchschnittliche Lernstands-Niveau aller Realschüler erreichen. Von den Gymnasien ganz zu schweigen.

„Der Kenntnisstand in Essener Gesamtschulen ist erschreckend gering, das sollten Eltern wissen“, findet Witzel und fordert, daraus auch Schlussfolgerungen für die örtliche Schulpolitik zu ziehen: Statt die Realschulen zum nächsten Auslaufmodell nach den Hauptschulen zu erklären, müsse es vielmehr darum gehen, das gegliederte Schulsystem zu stützen.

Obendrein sieht der Landtagsabgeordnete noch eine andere bedenkliche Entwicklung, dass man an den Schulen nämlich schwächere Leistungen mit Verweis auf den jeweiligen Standorttyp entschuldigt. Hintergrund: Anhand von Daten wie etwa dem Anteil an Arbeitslosen im Schulumfeld, Hartz IV-Empfängern und Zuwanderern an den Schulen wurden die Standorte in fünf Typen eingeteilt.

Folge: Gerade mal vier von 49 weiterführenden Schulen in Essen bekommen dadurch „günstige Standortvoraussetzungen“ bescheinigt: die Realschule in Kettwig, Marien- und Theodor-Heuss-Gymnasium sowie Gymnasium Werden. Immerhin 22 Schulen haftet dagegen das Prädikat „ungünstige Standortvoraussetzungen“ an, darunter auch das Burggymnasium oder die Elsa-Brändström-Realschule. Selbst dem Goethe-Gymnasium wird nur durchschnittliche Standortgunst zugeordnet.

Für Witzel ist das „eine simple Beruhigungspille“ der Landesregierung, sich bei den Leistungen nicht weiter anstrengen zu müssen.