Mag sein, dass die streitbare Landtagsabgeordnete Britta Altenkamp mit ihrer Neigung, auch in der heiklen OB-Frage kein Blatt vor den Mund zu nehmen, manchen in der SPD erschreckt hat. Aber wenn die Genossen ehrlich sind zu sich selbst, dann müssen sie einräumen: Die 49-Jährige, die sich anschickt, im September den SPD-Vorsitz zu erklimmen, hat im Grunde nur ausgesprochen, was vielen seit langem auf den Nägeln brennt.

Das Unbehagen der Essener Sozialdemokratie mit Reinhard Paß, es schwelt schon seit Jahren und hat spätestens mit seiner Weigerung, dem parteiinternen Drängen nachzugeben und seine Amtszeit zu verkürzen, eine Eskalationsstufe erreicht, die sich früher oder später eh Bahn brechen muss.

Altenkamp hat die Traute besessen zu formulieren, was Dieter Hilser so nie über die Lippen gekommen wäre. Aber mehr noch als die Frage, ob dies nun der richtige Zeitpunkt, der richtige Anlass oder der richtige Stil war, muss die SPD sich selbst prüfen, ob sie damit nicht inhaltlich den Nagel auf den Kopf getroffen hat.

Ist es wirklich so, dass Reinhard Paß im übertragenen Sinne „parteilos“ geworden ist? Dass es die große Sehnsucht einer sozialdemokratischen Mehrheit gibt, den eigenen Mann an der Stadtspitze nach der ersten Amtszeit abzulösen, wenn man doch nur schon verlässlich wüsste, durch wen? Paß hat die Seinen bis aufs Blut getriezt, zuletzt durch sein unabgesprochenes „Klar trete ich wieder an“ am Abend der Kommunalwahl. Daraus spricht die bemerkenswerte Selbstsicherheit – manche werden sagen: Arroganz –, am Ende in Ermangelung einer Alternative zum Kandidaten gekürt zu werden.

Und noch liegt er damit ja offenbar nicht falsch: Die potenziellen Bewerber, von NRW-Justizminister Thomas Kutschaty bis Ex-Kulturdezernent Oliver Scheytt, vom ehemaligen Bundestagsabgeordneten Rolf Hempelmann bis zu den Mandatsträgern Petra Hinz oder Dirk Heidenblut – bleiben noch in der Deckung. Und auch Reinhard Paß hat es bislang vermieden, die offene Konfrontation zu suchen.

So schwelt ein Sommertheater vor sich hin, dass sich dann im September in einem heftigen Sozi-Gewitter entladen könnte. Ein OB, der sich seines Parteirückhalts sicher ist, würde seinerseits als Parteichef kandidieren, um ein für allemal für Klarheit zu sorgen. Verliert er, kann er immer noch kandidieren. Nur die Partei ist er dann endgültig los.