Auch wenn es politisch nur zu gern anders propagiert wird: Die Stadt Essen ist weit davon entfernt, sich durch die jüngst vom Bundestag verabschiedete Asylrechtsverschärfung berechtigte Hoffnungen auf einen milderen Flüchtlings-Winter zu machen. Abgesehen davon, dass eine Mehrheit im Bundesrat noch nicht in Sicht ist, um die Westbalkan-Staaten künftig tatsächlich als sichere Herkunftsländer einzustufen, wurde die Entscheidung über die möglicherweise schneller abzuwickelnden Asylverfahren auf den September geschoben.

Dann allerdings, so die Erfahrung der vergangenen Jahre, sind viele der Menschen längst wieder in Essen. Und: Eine fixere Bearbeitung der Anträge allein bringe rein gar nichts, heißt es, wenn die Ausreise abgelehnter Asylbewerber aus Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien letztlich an gesundheitlichen Hindernissen oder einem fehlenden politischen Willen der Landesregierung für eine konsequentere Abschiebung scheitert.

Die Zahlen lassen das mehr als vermuten: Zwei Drittel aller Asylbewerber in Essen stammen vom Balkan, obwohl sie zu 99 Prozent ausreisepflichtig sind. 901 Menschen sind aktuell in den Unterkünften mit 1080 Plätzen untergebracht. Zum selben Zeitpunkt des Vorjahres lebten gerade einmal 463 Asylbewerber in den städtischen Heimen. Deutlich über 400 Menschen mehr sind in diesem Jahr also bereits da, bevor die nächsten Flüchtlinge sich voraussichtlich ab August vom Balkan in Richtung Essen aufmachen.

Große Informations-Offensive

Bleibt’s bei den bisherigen Prognosen, „haben wir spätestens im Dezember ein Problem“, heißt es bei der Stadt, die sich zur Zeit sputet, die vom Rat der Stadt als Notunterkünfte beschlossenen drei Schulen herzurichten. Die Gebäude sollen im Oktober, spätestens im November bezugsfertig sein. Am Standort Hatzper Straße in Haarzopf könnte es auch schneller gehen. Die Immobilie wird bereits freigezogen, und weitere Vorbereitungen laufen.

In der kommenden Woche startet die Stadt eine große Informations-Offensive. Tausende Anwohner der vom Rat abgesegneten Not- und Container-Unterkünfte werden Post in ihrem Briefkasten finden. Für den August sind eine Reihe von Informationsveranstaltungen in den betroffenen Stadtteilen geplant. Die genauen Daten will die Stadt so schnell wie möglich bekannt geben, während sie selbst auf Post aus Düsseldorf wartet.