Essen. Wegen der langen Wartezeiten in den Bürgerämtern wächst die Kritik an der Stadtverwaltung. Die Kommunalpolitik fordert eine Aufgabenanalyse, die klarer als jetzt definiert, was zwingend zu leisten ist - und was eher nicht. Personaldezernent Christian Kromberg hält das für illusorisch.
Die Personalkrise in den Bürgerämtern, die zu immer mehr Ausfällen und ärgerlich langen Wartezeiten führt, hat nun auch die Politik alarmiert. „Die CDU ist unzufrieden, wie der Personalabbau in der Stadtverwaltung bislang vonstatten gegangen ist“, sagt CDU-Fraktionschef Thomas Kufen. „Wir vermissen das Thema Aufgabenkritik.“ Es genüge nicht, einfach pauschal zu sparen, weil dies zwangsläufig zu Zuständen führe, wie sie jetzt in den Bürgerämtern zu beklagen sind. Vielmehr soll sich die Stadtverwaltung vor dem Streichen von Stellen intensiver als bisher Gedanken machen, was zwingend nötig ist und was nur wünschenswert. Faustregel: Dienstleistungen für den Bürger müssten Vorrang genießen. „Stattdessen kann man fragen, ob beispielsweise die sechs Stellen für das Strategiekonzept Essen 2030 unbedingt nötig sind“, so Kufen.
SPD-Fraktionschef Rainer Marschan sieht diesen speziellen Punkt weniger kritisch, teilt aber im Grundsatz das Unbehagen. „Wenn wir die Aufgabenkritik nicht endlich hinbekommen, sehe ich schwarz für die bürgernahe Verwaltung in Essen“, so Marschan. In der Kooperationsvereinbarung für die Ratsperiode habe man mit der CDU verabredet, dieses Thema offensiv anzugehen. Auch Marschan will als grobe Orientierung die unmittelbare Dienstleistungsqualität für die Bürger im Zweifel vom Sparen ausgenommen wissen, hält aber nichts davon, beim strategischen Denken im Rathaus abzurüsten. „Es muss auch Leute geben, die nachdenken, wohin wir wollen mit dieser Stadt“.
Personaldezernent warnt vor einer Aufgabenkritik „von oben“
„Wir sind am Ende mit der Rasermähermethode“, betont Personaldezernent Christian Kromberg. Er warnt allerdings davor, eine Aufgabenkritik, die konkrete Einsparvorgänge von oben vorgibt, für ein Allheilmittel zu halten. „Immer wenn wir solche Ansätze gefahren haben, kam dabei nichts raus.“ Die einzelnen Fachbereiche seien gegenüber der Verwaltungsspitze einfach im Vorteil, wenn es darum gehe, „inhaltlich durchaus nachvollziehbar“ zu begründen, weshalb man gerade eben nicht sparen könne. „Die Vorgabe von Quoten, die für alle gelten, ist da die deutlich effektivere und vor allem schnellere Methode.“
Optimieren ließen sich hingegen manche Abläufe, etwa bei Dienstleistungen rund um Ausweise, Bescheinigungen und das Ummelden von Autos. Die Stadt könne die Kundenströme in den Bürgerämtern besser steuern, wenn mehr Bürger sich übers Internet Termine besorgten. Aber da müssten die Bürger natürlich mitspielen. Krombergs Appell: „Bitte nutzen Sie die Möglichkeit von Voranmeldungen im Internet, Wartezeiten fallen dann deutlich geringer aus.“
Sparchancen sieht die Stadt bei der interkommunalen Zusammenarbeit
Unterdessen nimmt die Personalkrise an Schärfe zu. Seit über einer Woche kann man im Bürgeramt Borbeck keine Kfz-Angelegenheiten mehr erledigen. „Personalmangel“, heißt es im Presseamt.
Gibt es im Rathaus noch Sparmöglichkeiten in Abteilungen, die sich mit eher theoretischen Sachverhalten befassen? Personaldezernent Christian Kromberg sieht auch da „keinen Speck mehr“, den man wegschneiden könnte. Sparpotenziale gebe es aber bei der interkommunalen Zusammenarbeit. Oberbürgermeister Reinhard Paß hat gestern noch einmal seinen Vorstoß bekräftigt, der Regionalverband Ruhr möge sich stärker als Dienstleister für die Städte nützlich machen. „Es ist beispielsweise unnötig, dass jede Stadt ihre Beihilfeverwaltung einzeln erledigt“, ergänzt Kromberg.
Viele Stellen allein für Betreuung der sozialen Medien, darunter drei neue
Noch immer gibt es im Rathaus aber auch beachtliche Stellenvermehrungen: Um bei den sozialen Medien wie Facebook künftig mehr und professioneller präsent zu sein, sind vier Stellen bewilligt worden, darunter drei neue. „Auch das ist schließlich Dienst am Bürger“, so Kromberg. Die sozialen Medien seien wichtig, um die Bevölkerung etwa bei Bombenentschärfungen rasch aus erster Hand zu informieren. Die vier Stellen ergeben sich nach Angaben von Presseamtsleiterin Nicole Mause aus der besonderen rechtlichen Verpflichtung der Stadt, diese Internet-Auftritte zu pflegen und im Auge zu behalten. „Dafür ist Schichtdienst nötig.“