Essen. Dennis Trommer muss arbeiten, wenn andere Fußball gucken. Wenn die Gäste jubeln, gilt das jetzt nicht seiner Kochkunst, sondern den Toren der deutschen Elf
Während der Großteil der Essener auch heute Abend mit der deutschen Nationalmannschaft fiebert, gibt es bedauernswerte Fußballfans, die wie gewohnt ihrem Job nachgehen müssen: Krankenpfleger, Ärzte, Polizisten, unsere Fotografen und Redakteure. Wir berichten von drei Beispielen.
Sascha Hensen aus Werden, selbsternannter Trucker aus Leidenschaft, befand sich zum Zeitpunkt, als Mats Hummels den entscheidenden Treffer gegen Frankreich erzielte, in seinem LKW - mitten auf der leergefegten Autobahn. Klar hätte er das Spiel lieber gemeinsam mit seiner Familie im heimischen Wohnzimmer geguckt aber: „Solche Spiele im Radio zu verfolgen, das hat auch was. Da kommen die Emotionen ganz anders rüber“, beschreibt er. Hummels Siegestreffer bejubelte er mit lautem Geschrei - alleine. Die restlichen 78 Minuten verbrachte der Trucker damit, Ware ab- und wieder aufzuladen. Ähnlich wird es bei ihm auch heute zugehen.
Mehr vom Spiel sehen die Kellner
Und während der Trucker beim letzten Spiel am Steuer saß, warf Dennis Trommer Steaks auf den Grill und beobachtete die Pommes in der Fritteuse. Der 34-Jährige arbeitet als Koch im Restaurant Salina in Rellinghausen und konnte bisher noch kein einziges Deutschland-Spiel in Ruhe schauen, sondern hatte jedes Mal eine Kochjacke statt eines Trikots an. In dem Restaurant hängt eine große Leinwand, davor sitzen die Gäste, die natürlich auch nach Anpfiff fleißig bestellen.
Für den Koch heißt es dann: Radio laut drehen und zeitgleich dafür sorgen, dass der Hunger der Gäste gestillt wird. „Sobald die Bestellungen durch sind, gehe ich mal in den Gastraum und werfe einen Blick auf die Leinwand“, so Trommer. Meistens aber nur für einige Minuten, denn der nächste Bon kommt bestimmt. „Ich höre in der Küche oft das Geschrei der Gäste, wenn etwas Dramatisches passiert“, lacht der Koch. Mehr vom Spiel sehen die Kellner.
Spiel in Ruhe verfolgen
Gearbeitet wird in den Abendstunden selbstredend auch an der Tankstelle. Und so ärgert sich Tobi, dass er verpasst hat, seine Schicht zu tauschen, als Jogis Jungs gegen Frankreich auf dem Platz standen. „Man wusste ja vorher nicht, an welchen Tagen Deutschland spielt. Und so hatte ich das Pech, genau am Freitag arbeiten zu müssen“, so der 27-Jährige. Viel los war nicht, bloß vor und nach dem Spiel verkaufte Tobi mehr Bier als an fußballfreien Tagen. Dazwischen sei es extrem ruhig gewesen. Eigentlich, so berichtet der Rüttenscheider, konnte er das Spiel sogar ganz in Ruhe verfolgen – allerdings auch hier ohne Bild, sondern nur mit dem Radio-Kommentar.
Tobi hat heute zum Glück frei – im Gegensatz zu Sascha und Dennis, die das Spiel wieder am Steuer und am Herd verfolgen werden.