Kettwig. .

Wer beim Thema Stricken bislang nur an Socken und Pullover dachte, hat einen Trend verpasst. Beim so genannten Guerilla-Stricken wird der öffentliche Raum verschönert - illegal, versteht sich. Ob Laternenmast oder Baumstamm, Treppengeländer oder Parkbank - die Ergebnisse gehören zur Straßenkunst und sind seit rund zehn Jahren in vielen Großstädten zu finden.

Ganz so weit ist Johanna Mühlhoff allerdings noch nicht. Bislang beschränkt sich die 82-Jährige auf den Innenhof ihres kleinen Fachwerkhauses. Eine Scheunentür hat sie bestrickt, eine Regentonne und das dazugehörige Fallrohr und einen Teil des Vordachs.

Seit 1970 ist sie Mitglied eines kirchlichen Handarbeitskreises. An jedem Dienstag - ob es stürmt oder schneit - treffen sich die Frauen im Fachwerkhaus der Gemeinde St. Joseph. Bei einer Tasse Kaffee wird geredet – und gestrickt. Johanna Mühlhoff: „Uns fehlt ein bisschen der Nachwuchs. Mit 28 Frauen haben wir damals angefangen, und jetzt sind wir noch 16.“

Die Jacken, Pullover und bunten Strümpfe werden dann auf dem Weihnachtsbasar der Gemeinde verkauft, und mit dem Erlös unterstützen die strickenden Kettwiger Frauen die gemeinnützige Arbeit der Hiltruper Schwestern und ein Kinderhospiz in Olpe. 2000 bis 3000 Euro kommen so Jahr für Jahr zusammen. „Die Leute wissen natürlich, dass wir viel und gern stricken und bringen mir jede Menge Wolle vorbei“, sagt Johanna Mühlhoff. Und darunter sind auch Knäuel, die sie nicht so gern verarbeitet, denn „reines Acryl will ja keiner auf der Haut tragen“. Wegschmeißen ist auch nicht. Also, was tun? „Da habe ich im Fernsehen einen Bericht gesehen, in dem eine bestrickte Laterne gezeigt wurde. Ich bin raus auf den Hof gegangen und habe mir überlegt, was ich denn wohl mit der Wolle bunter machen könnte.“ Viel bleibt jetzt nicht mehr übrig - „ein kleines Fallrohr und eine kleine Tonne noch, dann bin ich hier durch“. Kürzlich war der Handarbeitskreis bei ihr zu Gast und hat die Freiluft-Strickkunst bewundert.

Die Mutter von Johanna Mühlhoff war übrigens Schneiderin und hat viel Wert darauf gelegt, dass ihre Töchter schnell fit wurden in Sachen Handarbeiten. „Wenn schlechtes Wetter war, haben wir um den Tisch gesessen und gestrickt. Ich war erst acht Jahre alt, als ich das schon ziemlich gut beherrschte.“

Wenn demnächst am Kettwiger Brückengeländer der Rost und die abblätternde Farbe unter einem schicken Strickkleid verschwunden sind, könnte das das Werk von Johanna Mühlhoff sein...