Essen. Nachschlag gefällig: Vor rund 16.000 begeisterten Fans im Stadion Essen verlängerten Black Sabbath ihre ausverkaufte Reunion-Tour. John Michael „Ozzy“ Osbourne, Toni Iommi und Geezer Butler zeigten, dass sie längst noch nicht in Rente gehen wollen.
Die Landung der Zeitmaschine kündigte sich mit einer Sirene an – mit dem 44 Jahre alten Intro zu einem der größten Kopfschüttel-Klassiker überhaupt, den die wilden 1970er hervorgebracht haben, den „War Pigs“: Black Sabbath waren am vergangenen Freitag ins Stadion Essen gekommen, die rund 16 000 Fans noch einmal das Fürchten zu lehren und das kollektive Rockgedächtnis aufzufrischen. Und das so brachial wie in ihren besten Zeiten – an die sich heutzutage wohl kaum noch jemand richtig erinnert.
Denn die drei Herren John Michael „Ozzy“ Osbourne (Gesang), Toni Iommi (Gitarre) und Geezer Butler (Bass), die sich da ganz langsam in ihr tonnenschweres Liedgut aus dem Neandertal der Rock-Musik hinein grooven, sind allesamt schon mächtig über 60 und hatten eigentlich schon 1978 ihre gemeinsame Zeit hinter sich. Doch alle kommen sie wieder, so auch die Jungs aus Birmingham, 1998 für ausgesuchte Gigs und so richtig mit der ausverkauften Reunion-Tour 16 (!) Jahre später. Wegen des großen Erfolgs wird die nun auch in Essen verlängert.
Ob das was werden kann? Schließlich haben alle schon wilde Zeiten und mehrere Leben in den vergangenen Jahrzehnten hinter sich, vor allem der scheinbar unzerstörbare Ozzy Osbourne. Dem hatte man bereits vor 35 Jahren den baldigen Alkohol- und Drogentod vorausgesagt.
Osbourne beißt nicht mehr in Fledermäuse
Doch Ozzy ist lebendig, sogar quick. Keine Symptome eines baldigen Hirntods mehr wie noch vor 20 Jahren, kein wirres Gelalle, kein Arm-Gezappel, keine Fußkrankheit bei der Bühnenshow: Osbourne ist, so wie es seine 66 Jahre zulassen, ganz agiler Frontmann. Er presst die eintönige aber ekstatische Stimme fast wie in den 1970ern durch das legendäre Liedgut aus ebendieser Zeit. „Paranoid“, „Iron Man“ oder „Sabbath Bloody Sabbath“ heißen die Hits, die vor fast 50 Jahren die Eltern in Furcht und Schrecken versetzt haben.
Die Kinder von damals haben nun selbst welche, viele „Ersthörer“ können ihre alten Knister-Scheiben mittlerweile den Enkeln vorspielen und auch Black Sabbath 2014 ist kein Gruselorchester mehr. Osbourne beißt nicht mehr in Fledermäuse wie in seiner Solo-Karriere, die okkulten Praktiken sind auf dem Müllplatz der Rockgeschichte gelandet und auch umgedrehte Kreuze haben die immer noch in schwarz gekleideten Herren, die schon in Frühzeiten ein geschicktes Händchen fürs Marketing hatten, zu Hause gelassen. Osbourne ist jetzt Gutmensch, der häufigste Satz des Abends ist „God bless you“ (neun Mal). Sonst zählt nur noch der Wall of Sound.
Und der ist bei Black Sabbath besser denn je. Getragen vom exzellenten Mix, sägt Mastermind Toni Iommi 90 Minuten lang seine tonnenschweren Lava-Riffs, liefern Alt-Bassist Butler und Jung-Trommler Tommy Clufetos den schleppenden Sabbath-Sound, bei dem der Sage nach das Headbangen erfunden wurde. Black Sabbath, das alte Schlachtross, ist eine gut geölte Zeitmaschine. Aber eine, die noch mit Dampf betrieben wird.