Kurz vor dem Start des neuen Betreuungsjahres sind Essens Tagesmütter in Sorge, zum 1. August leer auszugehen: Bis vor wenigen Tagen noch fehlten die für die Anmeldung von Kindern notwendigen Formulare und Anträge. 1700 müssen nun in den kommenden Wochen bearbeitet werden. Das ist zu wenig Zeit für zu viel Aufwand, fürchtet Claudia Gößling. Für die Vorsitzende der Interessengemeinschaft Kindertagespflege, die nach eigenem Bekunden alle örtlichen Kindertagespflegepersonen vertritt, ist die Gefahr groß: „Vor September gibt es kein Geld.“
Gößling sieht die Existenz von Tagesmüttern gefährdet, denn die monatlichen Kosten liefen schließlich weiter. Ausfälle von zum Teil mehreren tausend Euro seien nicht einfach so aufzufangen. „Das ist eine Vollkatastrophe“, sagt Gößling, die jetzt bei Politik und Wohlfahrtsverbänden Alarm geschlagen hat. Auch wenn Peter Herzogenrath, Sprecher des Jugendamts, auf NRZ-Nachfrage versichert, es müsse sich niemand Sorgen machen: „Die Zahlungen werden am 27. Juli angewiesen“, sind die einzuhaltenden Fristen nur eine von vielen Baustellen, die die Interessengemeinschaft Kindertagespflege ausgemacht hat.
Nachdem der Rat der Stadt im April eine neue Satzung für die Förderung von Kindern außerhalb von Einrichtungen beschlossen hat, „verändern sich die Arbeitsbedingungen der Kindertagespflegepersonen tiefgreifend“, heißt es in einem Schreiben an die Verantwortlichen. Die Freiheit der Berufsausübung werde verletzt und die finanzielle Ausstattung sei unzureichend. Während die Stadt bei jeder sich bietenden Gelegenheit erkläre, die Betreuung der Jüngsten nicht alleine stemmen zu können, werde die Existenz von Tagesmütter tatsächlich gefährdet -- besonders durch das ab kommendem Betreuungsjahr geltende Verbot einer Zuzahlung durch die Eltern, das gilt, wenn die Stadt ein laufendes Entgelt zahlt.
„Trotz der Anhebung des Stundensatzes durch das Jugendamt werden Kindertagespflegepersonen die unzureichende finanzielle Ausstattung weiterhin ausgleichen müssen“, kritisiert Gößling. Das betreffe vor allem Betreuerinnen, die zu zweit oder zu dritt in angemieteten Räumen arbeiten. Die Ausgaben seien dann deutlich höher als im eigenen Haushalt. Auch wenn Peter Herzogenrath die Argumentation im Kern nachvollziehen kann, betont er, dass der Stadt in der Frage des Zuzahlungsverbot die Hände gebunden seien. Dies sei bundesgesetzlich so festgelegt und greife immer dann, „wenn kommunale Mittel durch die Tagesmütter bezogen werden“. Es sei ihnen aber nach wie vor unbenommen, private Verträge abzuschließen. Dass die Interessengemeinschaft die Rechtmäßigkeit dieses Verfahrens juristisch überprüfen lassen will, nimmt die Stadt einigermaßen gelassen zur Kenntnis: „Wir gehen davon aus, dass die Rechtslage eindeutig ist“, sagt Herzogenrath.