Essen/Düsseldorf. Babette Albrecht, Witwe des 2012 verstorbenen Berthold Albrecht, hat vor zwei Monaten Strafanzeige gegen Kunstberater Helge Achenbach gestellt. Der Düsseldorfer soll beim Verkauf von Oldtimern und Kunstwerken zu viel kassiert haben. Zuletzt ließ er von Starfotograf Andreas Gursky das WM-Quartier des DFB einrichten.

Helge Achenbach hat als kleiner Steppke Pornobildchen auf dem Schulhof vertickt. Schwarz-Weiß-Aufnahmen für 50 Pfennige, farbige Bildchen für eine D-Mark. Ein bisschen Wucher war das damals schon, das gibt der prominente Düsseldorfer in seiner kürzlich erschienenen Biografie „Der Kunstanstifter“ offen zu. Achenbachs Geschäfte haben über die Jahre andere Dimensionen angenommen, der 62-Jährige handelt heute mit teurer Kunst. Jetzt sitzt der Mann, der als Begründer des Art Consulting (Kunstberatung) gilt, in U-Haft. Vorwurf: Betrug in Zusammenhang mit dem Verkauf von Kunstwerken an eine Essener Familie aus dem Wirtschaftsleben.

Es handelt sich um die berühmte Aldi-Familie Albrecht. So erklärt es Achenbachs Ehefrau Dorothee in einer Stellungnahme, die dieser Zeitung vorliegt. Babette Albrecht, Witwe des 2012 verstorbenen Berthold Albrecht, hat vor zwei Monaten Strafanzeige gegen den Düsseldorfer Kunstpapst gestellt. Grund: Verdeckte Preisaufschläge, die Achenbach vor Jahren beim Verkauf von Oldtimern und Kunstwerken an Berthold Albrecht vorgenommen haben soll.

Achenbachs organisierte Kunstwerke für das WM-Quartier des DFB

Es gab Durchsuchungen im Hause Achenbach. Ihrem Mann „wurde vor diesen Maßnahmen keine Möglichkeit gegeben, sich sachgerecht zu den von Frau Babette Albrecht erhobenen Vorwürfen äußern zu können“, so Dorothee Achenbach. Der Haftbefehl wurde von der Staatsanwaltschaft Essen beantragt, Achenbach sitzt seit 11. Juni in Untersuchungshaft.

Achenbach, der seit 40 Jahren im Kunstgeschäft tätig ist, hatte gerade einen fetten Deal – und zwar mit dem DFB im Rahmen der Fußball-WM in Brasilien – über die Bühne gebracht. Unter seiner Projektleitung hatte eine ausgewählte Düsseldorfer Gruppe um Starfotograf Andreas Gursky über Monate Kunstwerke für das WM-Quartier der deutschen Nationalmannschaft in Campo Bahia geschaffen. Achenbach hatte für seine Kreativen ein eigenes Atelier eingerichtet, keine 500 Meter von der Residenz von Jogi, Schweini, Poldi und Co. entfernt. Der Fußballfan wollte sich eigentlich in Brasilien diverse WM-Partien anschauen. Dann aber hörte er vom Ungemach aus der Heimat. Wenige Minuten nachdem dann sein Flieger am Düsseldorfer Airport gelandet war, klickten die Handschellen.

Helge Achenbach ist weit über die Region hinaus eine schillernde wie umstrittene Figur. Er jongliert mit Millionen, nennt sich selbst einen „Gauner“, der aber „nie skrupellos mit Menschen umgeht“. Er kannte Andy Warhol, Jeff Koons und Keith Haring persönlich, war Trauzeuge von Jörg Immendorff, gondelte früher mit dem Rolls Royce seines Mentors Joseph Beuys durch die Straßen Düsseldorfs, war sogar zwei Jahre lang glückloser Präsident der Fortuna. In dieser Funktion wollte er den damals schon lange abgehalfterten Diego Maradona für ein paar Monate verpflichten – zusammen mit Paul Gascoigne. „Wir hätten alle Fernsehanstalten der Welt bei uns gehabt, aber wir hatten damals kein Geld“, sagte Achenbach unlängst in einem großen NRZ-Interview. Den leichten Hang zum Größenwahn gibt er gern zu.

„Die Ermittlungen stehen gerade erst am Anfang“

Auch interessant

Der Kunstexperte und Sammler, dessen Firma „Achenbach Art Consulting“ in Oberkassel sitzt, machte sich auch in der Düsseldorfer Gastro-Szene mit dem City-Strand Monkey’s Island einen Namen. Angezeigt wird er indes nicht zum ersten Mal. Oda Jaune, die Witwe von Jörg Immendorff, verlangte vor zwei Jahren von Achenbach 510 000 Euro Honoraranteil aus dem Verkauf der berühmten Immendorffschen Affenskulpturen. Die Vermarktung der Werke war seinerzeit mündlich vereinbart worden.

Jetzt die Aldi-Familie. Wie lange Achenbach in U-Haft sitzen wird, ist fraglich. „Die Ermittlungen stehen gerade erst am Anfang“, sagte am Mittwoch der Essener Staatsanwalt Rainer Kock auf Anfrage. „Aber die zuständige Stelle hier versucht die Dinge – wie immer bei einer Haftsache – relativ schnell abschlussreif aufzuklären.“

Das hofft auch das nahe Umfeld Achenbachs. Der Düsseldorfer Künstler Mischa Kuball etwa, ebenso wie Gursky ein langjähriger Wegbegleiter und Freund der Familie. „Ich bin schockiert, dass ihm so etwas vorgeworfen wird“, so Kuball, der auf dem Fürstenwall ein Atelier besitzt. „Ich kenne Helge Achenbach eigentlich nur als loyalen Menschen.“

Laut seiner Frau Dorothee ist Helge Achenbach selbst „zuversichtlich, „dass sich bei der weiteren Sachaufklärung herausstellen wird, dass die von Frau Babette Albrecht erhobenen Vorwürfe unberechtigt sind“.