Ihr erster Besuch im Land ihrer Eltern vor sechs Jahren war ein Aha-Erlebnis: So bunt, so lebendig, so anders empfand Angela Pchatat die Elfenbeinküste, wo sie tagelang von einem Familienfest zum anderen gereicht wurde. Überall Tanten, Onkel, Cousinen, Cousins – „dass ich überhaupt so eine große Familie habe, hat mich überwältigt“. Und anfänglich etwas überfordert, wie die 28-jährige Mutter zugibt.
In Deutschland geboren, besitzt sie mehr deutsche Tugenden als afrikanische Wurzeln. Sie spricht von Pünktlichkeit, von Ordnung und Individualität und auch davon, dass diese Begriffe in der Elfenbeinküste eine ganz andere Bedeutung haben.
Dennoch fühlt sie sich dem afrikanischen Land seit ihrem Besuch emotional verbunden: „Da ist man niemals alleine, wohnt in großen Verbänden zusammen.“ Es klingt ein wenig wehmütig und sehnsüchtig aus ihrem Mund, denn Angela lebt erst seit ein paar Monaten in Essen, gemeinsam mit ihrem Mann und der einjährigen Tochter. Ihretwegen hat sie ihr Studium unterbrochen, jobbt jetzt bei Nelson Müller.
Wem sie bei der Weltmeisterschaft die Daumen drückt? „Wahrscheinlich den Deutschen genauso fest wie der Elfenbeinküste. Da kann ich mich nicht entscheiden.“
Roberto Zabala-Gómez kommt, aus europäischer Sicht, von ziemlich weit weg. Er wurde in Uruguay, einem der kleineren Staaten in Südamerika, eingeklemmt zwischen den Riesen Brasilien und Argentinien, geboren. Seine Heimat, so sagt der 53-Jährige, ist aber Essen. „Hier lebe ich ja nun schon seit inzwischen 33 Jahren.“ Aus Montevideo, der Hauptstadt Uruguays, kam er damals nach Essen, um an der Folkwang-Hochschule zu studieren. „Ein Freund meiner Eltern war dort Professor. Daher der Kontakt.“ Mit der fremden Sprache klappte es ziemlich schnell ziemlich gut. Studenten reden gerne und viel miteinander. Mit dem Abschluss wurde es indes nichts. Roberto Zabala-Gómez, der in Stadtwald wohnt, ließ sich zum Krankenpfleger ausbilden, arbeitet seit Jahren im Uniklinikum – erst im OP, inzwischen als Medizinischer Dokumentar. „Da geht es etwas ruhiger zu.“ Noch drückt er zwei Teams bei der WM seine zwei Daumen: Uruguay und Deutschland. „Aber die Uruguayer sind, glaube ich, nicht so gut. Deshalb werde ich wohl bald nur noch den Deutschen die Daumen drücken.“ Würde ihm bei einem direkten Duell ein Gewissenskonflikt drohen? „Nein“, sagt Roberto Zabala-Gómez. „Dann halte ich zu Deutschland. Hier ist mein Zuhause.“