Burgaltendorf. .
Wohlpolierte Ritterrüstungen blinzeln in der Mittagssonne. Dudelsäcke und Drehleiern füllen die Alte Ruine in Burgaltendorf mit antiquierten Folk-Klängen. Es riecht nach Bratwurst und Linsensuppe, nach „Mittelalter Art“, versteht sich. Ein Mädchen versucht, sich einen eisernen Helm aufzusetzen, eine exakte Kopie eines Originals aus dem 13. Jahrhundert. „Geht der auch wieder ab?“, fragt sie beängstigt.
Natürlich. Jedenfalls, wenn einer der kräftigen „Ritter von Huttrop“ mit anpackt. Denn so eine Ritterrüstung ist ganz schön schwer. Über 40 Kilogramm wiegt ein komplettes Ritter-Outfit. „Wenn du jedes Wochenende damit rumläufst, bist du froh, wenn du irgendwann überhaupt noch laufen kannst“, erzählt Jürgen Bohm, oberster Ritter des Ensembles.
Ritter Jürgen weiß, wovon er spricht. Nur noch selten trifft man den Mittelalter-Fan in voller Kluft. Seine Bandscheiben haben stark unter dem Tragen der Rüstung gelitten. Ist eben nicht ganz so gesund, das Leben als Ritter. Sogar Jürgens „eigenes Blut“ klebe an seinem 800-Jahre alten Original-Schwert, das seine Familie von Generation zu Generation weitergereicht hat. „Bei einem Schwertduell bin ich einmal fatal ausgerutscht und habe mir das Schwert gegen die Stirn gestoßen“, blickt der 60-Jährige zurück.
Ritter zum Anfassen
Und Ritter Jürgen hat allen Grund zurückzublicken. Denn die „Ritter von Huttrop“ haben Zehnjähriges. Und natürlich war es in den zehn Jahren nicht immer blutig und anstrengend. „Ich weiß noch“, erinnert sich der Oberritter. „Wir hatten noch nicht viel mehr als ein altes gelb-blaues Zelt. Aber das war immer rappelvoll, selbst bei dem ersten Mittelalter-Fest, an dem wir teilgenommen haben.“
Woher rührt diese Anziehungskraft? Nicht nur an Bohms Talent, lebendige Geschichten aus dem Mittelalter zu erzählen. Im Gegensatz zu vielen anderen Rüstungs- und Waffensammlern hat sein Gefolge keine Berührungsängste. „Ritter zum Anfassen“ werden die Huttroper gerne genannt. Egal ob Streitkolben, Schild oder Kettenhemd: Die Sammlung darf von jedem genauestens inspiziert werden.
Den Preis, den die Ritter dafür zahlen müssen: Akribisches Polieren, fast täglich. „Schon nach einer Berührung bilden sich bei manchen Waffen Rostflecken“, erklärt Ritter Jürgen. Dennoch war das Motto des Gründers von Anfang an: Entweder richtig oder gar nicht. Und zum Zehnjähriges haben die Ritter neben ihrer traditionellen Rüstungsschau und Ritterspielchen für die Kleinen sogar noch einen drauf gesetzt: Waschechte Wolfshunde – größer als die meisten kleinen Fans der Ritter – waren beim Jubiläumsspektakel zu Gast. Zwei der Hunde gehören jetzt sogar fest zum Ensemble.
Aber wären Pferde eine nicht viel typischere tierische Ergänzung gewesen? „Ich fahre lieber, als dass ich reite“, gibt der ehemalige Rennfahrer Bohm zu. Manchmal blickt eben doch der moderne Mensch bei dem (Fast)-Vollblut-Ritter durch.