Wem’s viel zu bunt geworden ist im Rat der Stadt, der kehrt zurück zu einer eher überschaubaren Farbenlehre. Ähnlich der, wie sie nur noch die Altvorderen der kommunalen Politik in halbwegs lebhafter Erinnerung haben dürften: In der Stadt hatten einst zwei Fraktionen das Sagen. Die Roten und die Schwarzen. Da gab es keine Grünen, keine FDP, keine Rechten, keine Linken, kein Bürgerbündnis, keine Partei-Piraten. Die beiden real existierenden Lager kannten keine andere politische Gestaltungs- oder Zerstörungskraft als sich selbst, es gab nichts, außer gepflegter Zuverlässigkeit, politischer Langeweile und der nahezu an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, dass die einen mal wieder partout dagegen waren, wenn die anderen dafür stimmten. Wie auch immer: Die Aufregung währte so oder so nur kurz.
Seit gestern schickt sich diese Geschichte an, sich in Grundzügen zu wiederholen – zumindest was das Thema der verlässlichen Mehrheiten im obersten politischen Entscheidungsrund der Stadt angeht. Nach mehreren Sondierungsgesprächen haben die Sozial- und die Christdemokraten gestern am frühen Abend den Sack zugemacht und wollen eine „Große Kooperation“ – wohlgemerkt: nicht „Koalition“, darauf legt mancher Wert – auf den Weg und Ruhe in den Rat bringen.
59 Ratssitze
In einem Gremium, das der Wähler merklich neu sortiert hat, in dem aktuell fünf Einzelvertreter wenig bewirken, aber im Zweifel vielleicht mehr verhindern können, als es dem Bürger gut tut, setzt Rot-Schwarz ab der konstituierenden Sitzung am 18. Juni auf die einzig sichere Mehrheit von insgesamt 59 der insgesamt 90 Ratssitze plus Oberbürgermeister, um Gewissheit in die neue und nur schwer einzuschätzende Meinungsvielfalt zu bekommen.
Stabilität über Alles, könnte das Kalkül heißen und das erste Ziel: Den Haushaltssanierungsplan einzuhalten, um als Kommune handlungsfähig zu bleiben und eines Tages nicht eine teure Rechnung des Landes wegen nachgewiesener Unzuverlässigkeit oder Unfähigkeit präsentiert zu bekommen.
„Wir werden der Partei jetzt vorschlagen, in Kooperationsverhandlungen mit der CDU einzusteigen“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Roman Brüx am Abend. Geben die zuständigen Gremien des Unterbezirks grünes Licht, werde man gemeinsam in der letzten Juni-Woche über konkrete Inhalte der möglichen gemeinsamen Sache reden. Ähnlich will auch die CDU verfahren. Deren Fraktionsgeschäftsführer Gerhard Grabenkamp ergänzte, dass auch die christdemokratische Basis über eine tiefergehende Zusammenarbeit mit der SPD entscheiden werde, nachdem Vertreter von Partei und Fraktion an den vorbereitenden Gesprächen teilgenommen haben.
Erster gemeinsamer Termin
Fix für den kommenden Dienstag ist bereits ein gemeinsamer Termin beim Oberbürgermeister und Stadtkämmerer. Vertreter beider Fraktionen wollen sich in Sachen Haushalt auf den neuesten Stand bringen.
Apropos Finanzen: Als erste gemeinsame Entscheidung werden SPD und CDU eine kleine Reform der städtischen Ausschüsse auf den Weg bringen. Der bisherige „Haupt- und Finanzausschuss“ werde unter Verzicht auf den Unterausschuss „Finanzen und Beteiligungen“ in einen Hauptausschuss und einen Ausschuss für Finanzen gesplittet, berichteten Brüx und Grabenkamp. Wenn das kein Anfang ist.