Diesen Dienst am Pfingstmontag werde ich nicht vergessen. Um 23 Uhr bin ich aus dem Büro gegangen, auf dem Weg zum Bahnhof dicht an den Häuserwänden vorbeigelaufen. In der Angst, dass mir Dachziegel oder Plakatwände um die Ohren fliegen könnten. Auf der Kruppstraße versperren mir umgestürzte Bäume den Weg. Am Bahnhof treffe ich auf Hunderte von Gestrandeten, darunter viele Besucher des Pfingst-Open-Air in Werden. Busse, Züge, S-Bahnen – Stillstand auf allen Gleisen. Menschentrauben stehen vor dem einzigen, offenen Infoschalter der Bahn. Immer wieder die Information: „Nehmen Sie sich eine Taxe. Das Geld wird Ihnen erstattet.“

Wer ein Taxi erwischt, hat ein Siegerlächeln im Gesicht. Ich habe ein Problem. Die Taxifahrer wollen nur innerhalb von Essen Gäste befördern. „Ich fahre nicht über die A40. Da stehe ich nachher zwei Stunden vor einem umgestürzten Baum“, winkt einer auf meine Frage ab, ob er mich nicht nach Witten bringen könne. Seine Kollegen sehen das genauso.

Schließlich „erbarmt“ sich ein türkischstämmiger Fahrer. Der Mann ist von Dortmund nach Essen gekommen, „um in dieser Nacht mal Geld zu verdienen“. Ich steige ein, muss aber mit einem zweiten Fahrgast, der nach Dinslaken will, einen Umweg über den Niederrhein machen. Was über die A 59 ganz gut klappt.

Abenteuerlicher wird die Fahrt nach Witten über die A 42 mit umgestürzten Büschen und Bäumen, die auch schon mal halb auf der Autobahn liegen und stellenweise die Abfahrten gefährlich blockieren. Deshalb: Wechsel auf die A 2, dann auf die A 43. Dort hat sich die Fahrbahn durch vom Sturm gefälltes Grün zum Teil auf eine Pkw-Breite verengt. Nadelöhr-Fahren.

Kurz vor Bochum-Riemke ein riesiger Rückstau. Wir fahren ab, irren kreuz und quer durch Bochum, durch Regen-Seen und umgestürzte Bäume immer wieder zum Richtungs-Wechsel gezwungen. Kurz vor Witten eine gespenstische Szene. Eine Straßenbahn steht verlassen auf ihrem Gleis, Teile der Oberleitung liegen auf der Straße. Wir können das Kabel-Gewirr unbeschadet passieren.

Um 2.30 Uhr stehen wir endlich vor meiner Haustür. 55 Euro waren für die Fahrt vereinbart. „Geben Sie mir 40. Wir haben uns so nett unterhalten“, meint mein Taxifahrer. Sein Auto macht komische Geräusche. „Da hat sich wohl unten was verkeilt. Sehe ich nachher nach. Ne’ schöne Nacht noch!“