Überruhr.

Um Freizeitangebote für Jugendliche ist es in Überruhr mäßig bestellt. Es fehlt an altersgerechten Treffpunkten, wo sie sich austauschen und Zeit miteinander verbringen können. Ein profaner Bauwagen soll Abhilfe schaffen – doch der hat es in sich.

Hoffnung auf bessere Zeiten

Der riesige Smiley, der fast eine komplette Seite des Vehikels ziert, ist nicht zu übersehen. Bunt ist er, der Bauwagen, in den Lisa Franken (20) und rund ein Dutzend ihrer Freunde an drei Wochenenden viel Arbeit gesteckt haben. Lebensfroh sieht das aus. Eben so, wie junge Menschen nun mal sind. Selbst wenn sie, der gesprayte Hinweis „Ü-Town“ verrät es, in Überruhr wohnen. „Ich wäre froh gewesen, wenn ich als Kind so etwas gehabt hätte“, sagt Lisa. Und so ist der Bauwagen auch ein Symbol der Hoffnung auf bessere Zeiten, die für Lisas Clique zuletzt eher von Tristesse geprägt waren.

Lisas Freundin Yamina Krautsieder ist gerade mal 18 Jahre alt. Getroffen haben sie sich bislang an der Realschule an der Überruhrstraße, „weil man da wenigstens ein Dach über dem Kopf hat“. Anfangs bestand die Gruppe nur aus Jungen. „Mädchen sind erst später dazugekommen“, sagt Lisa. „Doch getroffen haben sich die Jungs da schon vor fünf Jahren.“ Von den Jungs spielen viele im örtlichen Fußballclub. Doch wenn der Ball nicht rollt, sucht man eben nach Alternativen, die es in Überruhr zumindest für nicht organisierte Jugendliche kaum gibt.

Da kommt schnell einmal Langeweile auf, und Frust, der sich oft durch dumme Ideen bemerkbar macht. Schon lange klagten Anwohner der Schule über Lärm, auch eine Fensterscheibe ging zu Bruch. Eine Beschwerde bei der Bezirksregierung in Düsseldorf liegt vor. Vor zwei Jahren wurde das Jugendamt aufmerksam, und so kam Marc Habermann ins Spiel. Er ist Sozialarbeiter bei der Jugendhilfe Essen. Der Steelenser teilt seine Klientel in Gruppen ein. Die grüne bilden diejenigen, die sich regelmäßig treffen. „In der zweiten, gelben Gruppe gibt es schon mal Stress und Vandalismus“, erklärt Habermann. „So wie hier in Überruhr.“ Mit den „Roten“ aus Gruppe Drei, z.B. Drogenkonsumenten, die auch vor Gewalt nicht zurückschrecken, haben er und sein Kollege Barbaros Hizal nichts zu tun. „Da gehen wir nicht rein.“

Nach einem gemeinsamen Pizza-Essen als kommunikativem Grundstein kamen beide mit Lisas Clique ins Gespräch. „Dort hat man uns auf den Bauwagen aufmerksam gemacht, der schon lange ungenutzt an der Schule herum stand“, sagt Habermann. Daraus entwickelte sich die Idee, den Waggon mit Hilfe der Gruppe zum mobilen Treffpunkt aufzurüsten. Doch bis es soweit war, sollten zwei Jahre vergehen. „Das war eine undankbare Situation“, sagt Habermann. „Ich wollte schnell helfen, doch dann konnten wir die Sache erst viel später realisieren. Auch wegen der Finanzierung des Projekts.“

Der Clou: ein eigener Grill

Nun ist es vollbracht. Nach mehr als 25 Stunden harter Arbeit und dem Einsatz von 1000 Euro aus einem Fonds der Stadt Essen, genannt „mitWirkung“, erstrahlt der einst triste Bauwagen in neuem Glanz. „Nach dem Außenanstrich wurden auf den Boden Spanplatten geschraubt“, sagt Lisa. „Und das Wichtigste: „Die Hütte ist wieder wasserdicht“, scherzt Yamina. Dazu eine Sitzbank und – als Clou – ein Grill in einem abschließbaren Teil des Waggons. „Genau das Richtige bei diesem Wetter“, freut sich Habermann. Das Schmuckstück wurde bereits offiziell eingeweiht, steht nun an der Marie-Juchacz-Straße/Hinseler Hof. Seine Feuertaufe, den Sturm vom Montag, hat es gut überstanden. „Den Schlüssel habe ich noch“, sagt Habermann. „Doch im Herbst soll die Gruppe allein die Verantwortung übernehmen.“