Essen. . Das Vierbündnis aus CDU, Grünen, FDP und Bürgerbündnis ist Geschichte. Im neuen Rat hätten SPD und CDU zusammen eine satte Mehrheit. Diese kommt jedoch nur zustande, wenn die SPD die haushaltspolitischen Realitäten anerkennt und sich die CDU strikt an der Sache orientiert. Ein Kommentar.

Die unappetitliche Geschichte um den Wählerbetrug bei den Linken hat ein Gutes: den Freunden eines rot-rot-grünen Bündnisses bei SPD und Grünen ist hoffentlich klar geworden, was für ein Himmelfahrtskommando sie hier in Erwägung gezogen haben. Man hört öfter, in der Bundespolitik könne man mit den Linken nicht koalieren, da sie nicht zuverlässig genug seien, im Kommunalen sei das aber anders. Mag sein, dass es Städte gibt, wo es funktioniert. In Essen ist die Partei so zerstritten, dass man ohne Not kein Bündnis riskieren sollte.

Und Not herrscht nicht. Zwar ist das Viererbündnis Geschichte, dafür hätten SPD und CDU im Rat eine bequeme Mehrheit und sind sich politisch näher, als sie selbst zugeben wollen. Ihr Abstand bei der Kommunalwahl betrug 34 zu 31,5 Prozent - das kann man als Verhältnis auf Augenhöhe bezeichnen. Die CDU muss bei einem so geringen Unterschied nicht befürchten, von der geringfügig größeren Fraktion inhaltlich untergebuttert zu werden. Und personelle Fragen nach dem Muster, wer wird Kanzler und wer Außenminister, stellen sich ja ohnehin nicht.

DemokratieVoraussetzung für eine Zusammenarbeit wäre, dass in der SPD diejenigen die Oberhand behalten, die die haushaltspolitischen Realitäten anerkennen und auch sonst möglichst wenig ideologisch agieren. Ebenso strikt an der Sache orientieren sollte sich auch die CDU. Das taktische Argument, bis zur OB-Wahl alles in der Schwebe zu lassen, ist zu sehr vom politischen Betrieb her gedacht und nicht von der Leitlinie, was gut ist für die Stadt. Man kann die CDU auch im eigenen Interesse nur davor warnen, 16 lange Monate Politik mit Blick auf die Ausgangslage für das OB-Duell zu betreiben. Den Bürgern würde das nicht entgehen. Für den CDU-Kandidaten - wer immer es ist - wäre die sichere Folge, dass er mit schlechteren Karten ins Rennen ginge.

Schon jetzt nervt das gespreizte Umeinanderkreisen, das vor allem die kleinen Fraktionen und Ratsgruppen derzeit mit Wonne zelebrieren. Und dass ein paar ausgemachte Spaßvögel und Exoten in den Rat gelangten, macht die Sache nicht einfacher. Der Rat ist aber kein Spielplatz für die Selbstfindung politisch Pubertierender, er ist übrigens auch kein Parlament mit Regierung und Opposition. Die Politik sollte sich nicht so furchtbar wichtig nehmen, sondern einfach Probleme lösen und nach Kräften versuchen, die Stadt nach vorne zu bringen. Bis November muss der Doppelhaushalt 2015/2016 stehen, da wird es richtig zur Sache gehen, und auch sonst stehen wichtige Entscheidungen an. Zu viel Parteitaktik vernebelt da nur den klaren Verstand.