Essen. . Das Viererbündnis von CDU und Co. ist Geschichte. Jetzt geht die SPD als stärkste Kraft im Stadtparlament auf Partnersuche und versucht dabei, alte Fehler zu vermeiden. Die Frage lautet: „GroKo“ oder Grüne und Co.?
Essen, wachsende Stadt, na wenigstens im Rat: Weil die SPD am Sonntag 31 der 41 Direktmandate holte – mehr als ihr nach dem prozentualen Ergebnis zustand –, wird die Stadt in den kommenden sechs Jahren vom größten Rat regiert, den es je gab. Gestern, am Tag danach, begannen sie alle erst mal zu rechnen: 90 Sitze plus OB, da liegt die Mehrheit bei 46.
Und damit nicht mehr beim Viererbündnis, das kommt nur auf 45. Fast schien es, als fiel CDU und Co. darob ein Stein vom Herzen, denn so lässt sich mit Verweis auf die Arithmetik kaschieren, dass eine Neuauflage der Kooperation wohl eher schwierig geworden wäre. Nicht nur des Messe-Entscheids wegen.
Sondern weil die Grünen wohl nicht mehr können mit dem Essener Bürger Bündnis. „Kann ich mir nicht vorstellen.“ So lautete gestern jedenfalls die Antwort von Grünen-Sprecher Mehrdad Mostofizadeh auf die Frage, ob man mit EBB noch mal...
Und auch CDU-Fraktionschef Thomas Kufen bleibt betont in der Defensive: „Der Ball liegt jetzt im Feld der SPD“, und in der Tat, dort setzte der Frontmann der Genossen, Rainer Marschan, gestern zu ersten Dribbelversuchen an: „Wir werden mit allen reden.“ Mit „alle“ meint Marschan CDU, Grüne, Linke, EBB und FDP, und schon hier erweist sich, dass die Suche nach einer SPD-geführten Mehrheit diesmal anders verlaufen soll als 2009, wo man sich auf die Grünen versteifte, lange verhandelte und am Ende leer ausging. Immerhin, OB Reinhard Paß, der damals die harte Linie fuhr, ist diesmal nicht in der Verhandlungs-Delegation.
Viele Möglichkeiten gibt es eh nicht: Entweder eifert man dem großen Berliner Vorbild nach und sucht die „große Koalition“ mit der CDU. Schwierig, sagen manche, mit Blick auf den anstehenden OB-Wahlkampf im Sommer 2015.
Oder man umarmt die Grünen, sichert sich dadurch schon mal 42 der 91 Stimmen im Rat (OB inklusive) und besorgt sich die übrigen mit wechselnden Partnern oder gleich bei der neuen Linke/Piraten/PARTEI-Fraktion, die bislang nur in Tuscheleien existiert.
„Ein festes Bündnis mit Leuten, die sich selbst noch nicht richtig gefunden haben, kann ich mir nicht vorstellen“, sagt Mostofizadeh zwar. Aber er sagt auch: „Man muss ja nicht gleich eine Koalition schließen.“
Und Marschan – die SPD hat wie gesagt aus 2009 gelernt – denkt gar nicht daran, schon im Vorfeld Hürden inhaltlicher oder personeller Art aufzubauen, die man später nicht wieder abgeräumt bekommt: „Wir führen erstmal die Gespräche und schauen, mit wem es die größte Schnittmenge gibt.“
Ob er einen persönlichen Favoriten hat? Wenn, dann verrät er ihn nicht: „Ich habe noch keine Vorstellung, wer das sein könnte.“ Wenn es denn eine „GroKo“ werden sollte, hätte Marschan auch „keine Probleme“ damit, sollte Kufen aus dieser Verbindung heraus für den Posten des Oberbürgermeisters kandidieren.
Überhaupt, der eigene OB: Nun ja, sagt Rainer Marschan da hörbar unterkühlt. Dass Reinhard Paß 2015 für eine zweite Amtszeit antreten will, „das haben wir zur Kenntnis genommen“.
Es scheint, als sei die Suche nach einer Ratsmehrheit nicht die einzige Baustelle der Genossen.