Essen. . Ein Facebook-Foto von einem Besuch in einer Milli Görüs-Moschee sorgte am Freitag für Aufregung bei Essens Christdemokraten. Zwei CDU-Ratskandidaten zeigten sich an der Seite von Vertretern einer Organisation, die seit vielen Jahren unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Das war nicht abgesprochen, sagt Fraktionschef Kufen, der sich klar distanziert.
Sadik Cicin war ganz schön umtriebig auf der Zielgeraden des kommunalen Wahlkampfes. Es lief gut für ihn, doch am Ende gab’s Ärger.
Aber zum Anfang: Für eine „starke und gerechte Integrationspolitik in einem starken Essen“ besuchte der türkischstämmige CDU-Ratskandidat für Vogelheim und Altenessen unter anderem die Ditib-Steele Ulu Moschee, stellte auf der Aktionsmeile der Christdemokraten in der Innenstadt die Listen-Kandidaten und deren Themen vor und gratulierte auf dem „gut besuchten“ Frühlingsfest der Ditib-Moschee in Kray den B-Jugend Spielern von Yurdumspor zur Meisterschaft. Das kam gut an.
Allesamt waren das rührige Aktionen des stellvertretenden Bundesvorsitzenden von „MiU“ (Migranten in der Union) und bis dahin ganz im Sinne und auf Linie der CDU. Doch dann ging Cicin offensichtlich einen Schritt zu weit. War es kaum zu bremsender Wahlkampfschwung, war es schlicht Unwissenheit oder doch absichtlicher Stimmenfang auf politisch vermintem Gelände? Fakt ist: Gemeinsam mit seinem Kollegen Florian Fuchs, Ratskandidat für Katernberg, ließ sich Cicin auf dem diesmal „sehr gut besuchten“ Gemeindefest der Ayasofya Moschee an der Meybuschhofstraße ablichten.
Das ist ein Haus der IGMG, der islamischen Gemeinschaft Milli Görüs, die nach Angaben des Verfassungsschutzes die größte islamistische Organisation Deutschlands ist. Natürlich lächelten der Vorsitzende der Gemeinde und der Imam freundlich in die Kamera, und nachdem man sich artig für die Gastfreundschaft bedankt hatte, stellte Cicin das Foto wie die seiner anderen Wahlkampfaktivitäten auch auf seine „Facebook“-Seite – und die der CDU.
Fünf Tage lang nahm kaum jemand Notiz davon, doch am Freitag war die Aufregung mit einem Mal groß und das Dokument ruckzuck aus dem sozialen Netzwerk gefischt. Es ist der virtuellen Gemeinde am Ende doch nicht entgangen, dass sich die beiden CDU-Ratskandidaten an die Seite von Vertretern einer Organisation gestellt haben, die seit vielen Jahren schon unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Entrüstete Einträge – sie wurden ebenfalls gelöscht.
Vorgang wurde zur Chef-Sache
Schnell avancierte der Vorgang zur Chef-Sache. Auf Anfrage der NRZ sagte gestern Thomas Kufen, Fraktionsvorsitzender und Spitzenkandidat, ziemlich unmissverständlich: „Sadik Cicin war nicht in unserem Auftrag in dieser Gemeinde. Der Besuch war nicht abgesprochen. Wir als CDU wollen mit Milli Görüs ganz klar nichts zu tun haben.“ Cicin habe ihm versichert, dass er nicht gewusst habe, welcher Dachverband hinter der Moschee stehe. Das selbe gelte für Florian Fuchs, so Kufen: Auch ihm, dem jungen Juristen, „war die Brisanz nicht präsent.“
Nun, die beiden müssen sich keine allzu großen Vorwürfe machen. Solche peinlichen Eigentore haben selbst Spitzenleute der CDU schon geschossen. Ein schlecht beratener Wolfgang Reiniger richtete als Oberbürgermeister dieser Stadt vor 14 Jahren ein Grußwort an tausende Milli Görüs-Anhänger in der Grugahalle. Das kam auch damals nicht so gut an.