Katrin Kapplusch gehört seit einem Jahr zum Aalto-Ensemble. Mit der Janáček -Oper „Jenufa“-feiert sie ihre erste große Essener Premiere. Ein Gespräch über Zielstrebigkeit und musikalischen Tatendurst.

Der strahlende Sommertag lädt nicht gerade dazu ein, in die Abgründe mährischer Moravorstellungenl einzusteigen. Katrin Kapplusch winkt ab. Das Theater zu betreten heißt für sie, den inneren Szenenwechsel zu vollziehen. Den Alltag mit all seinen Organisationszwängen draußen zulassen, wenn drinnen die „Tosca“ wartet, das ist eine Gabe, aber auch Notwendigkeit, wenn man drei Söhne und Verpflichtungen hat und trotzdem ganz aufgehen will in der Kunst.

Katrin Kapplusch hat lange auf den großen Moment und die große Bühne gewartet. Sie hat viele wichtige Partien gesungen in den vergangenen Jahren, die Aida, die Tatjana oder Manon Lescaut. Aber die große Aufmerksamkeit, die bleibt einem eben vorenthalten, als Sopran in einem kleinen Opernhaus am Rande der Republik in Plauen-Zwickau. „Ich bin in der Provinz wie ein guter Käse in Ruhe gereift“, lacht die 49-Jährige und macht keinen Hehl daraus, wie sehr sie sich auf ihren ersten großen Premierenabend am Aalto freut. Am Samstag will sie mit ihrem Auftritt als Küsterin in der Janáček -Oper „Jenufa“ des Essener Publikum betören und nicht nur das. Ausgerechnet als Kindsmörderin, die – getrieben von der strengen Moral der provinziellen Gesellschaft – das uneheliche Baby ihrer Ziehtochter tötet, Jenufa. Ein Stück, das man hart erarbeiten muss, nicht nur, weil sich Kapplusch im vierwöchigen Crash-Kursus das Tschechisch draufgeschafft hat. „Ich will verstehen, was ich da singe.“ Das Rollenstudium musste danach umso straffer absolviert werden und nicht nur ihr kleiner Sohn hat schon mal besorgt geguckt: „Mama, schaffst du das?“ Wer Katrin Kapplusch erlebt, leidenschaftlich, tatendurstig und unprätentiös, zweifelt keinen Moment. „Ich habe das Gefühl, jetzt kann alles kommen.“

Infos zu Jenufa

Die „Jenufa“-Inszenierung des kanadischen Regisseurs Robert Carsen ist eine Koproduktion mit der Flämischen Oper, wo die Janáček-Oper bereits 1999 Premiere feierte. Maria Lamont hat in Essen die szenische Einstudierung übernommen. Am Pult der Essener Philharmoniker steht Generalmusikdirektor Tomáš Netopil.

Für die Premiere am Samstag, 24. Mai, 19 Uhr, gibt es noch Karen. Weitere Vorstellungen stehen am 28. und 30. Mai sowie am 1., 8., 10., 12., 14. und 19. Juni auf dem Programm. Tickets unter 8122-200.

Studiert hat die gebürtige Düsseldorferin in Köln. Am Theater Plauen-Zwickau singt sie 1993 vor, weil ihre Mutter Verbindungen hat, und wird sofort engagiert. Sie ist eine der ersten Kräfte am Haus, singt die Amelia, auch mal die Pamina, große Partien, die fordern, aber nicht alles erzwingen. In Zwickau kann sie auch mal nein sagen, wenn eine Partie zu früh kommt. Wie die „Marschallin“ im Rosenkavalier „von der ich heute träume“, lacht Kapplusch.

Sie nimmt weiter Unterricht, trainiert ihren jugendlich-dramatischen Sopran und findet eine Agentur, die ihr die Türen in internationale Konzertsäle öffnet. Sie singt dreimal in vier Tagen Verdis „Requiem“, wenn es sein muss, und irgendwann singt sie auch in Antwerpen vor, wo Hein Mulders, heute Aalto-Intendant, in der Jury sitzt. Die ist begeistert, aber ein „No-Name-Produkt“, wie sich die Kapplusch lächelnd nennt, passt dort nicht ganz oben aufs Plakat. Mulders jedoch ist längst überzeugt. Für das Aalto hat sie trotz Pendeln sogar „den Schritt ins feste Engagement“ gewagt. Seit der Spielzeit 2013/14 hat man ihre Rollendebüts als Lady Macbeth oder als Leonore erlebt. „Jenufa“ wird die vorläufige Krönung sein..