Gut möglich allerdings, dass die Ermittlungen gegen Krüger wieder aufgenommen werden: Wenn die Duisburger Staatsanwaltschaft den Fall der in der Süddeutschen Zeitung zitierten Mülheimer Klientin aufgreift, die Dr. Karlgeorg Krüger schlampige Arbeit vorwirft.

Für Krüger selbst ist der Frontalangriff auf seine Person Teil einer groß angelegten Intrige, „die letzte Patrone“ im Halfter eines Ex-Kollegen, der ihn persönlich vernichten wolle.

Wäre das so, dann wäre der Zeitpunkt gut gewählt. Denn Krüger ist nicht nur Radiologe von Beruf, sondern Lokalpolitiker aus Passion. Ein Skandal würde den Ruf des 62-Jährigen weit über sein berufliches Wirken hinaus beschädigen. Vor 20 Jahren schon engagierte er sich als Vorsitzender der Wählervereinigung „Essener für Essen“. Blieb ihm damals der Erfolg wegen der Fünf-Prozent-Hürde versagt, gelang ihm vor einigen Jahren mit dem Essener Bürger Bündnis der Sprung ins Stadtparlament.

Aus formalen Gründen entzogen

Dort macht er sein Wort in Fragen der Stadtentwicklung, diskutiert Asyl-Fragen und den maroden Haushalt – und sieht sich jetzt dem Vorwurf ausgesetzt, er hätte mal besser das Biopsieren geübt, statt Reden zu schwingen. Ex-Kollegen werfen ihm vor, hier fachliche Mängel zu haben.

Krüger widerspricht: Seit dem Ausschluss seines Radiologen-Kollegen aus der Gemeinschaftspraxis vor vier Jahren seien 1.240 Ultraschall-Biopsien, 617 Vakuumsaug-Biopsien und 98 Biopsien unter Röntgenkontrolle „fachgerecht durchgeführt“ worden. Es gibt Ärzte, die winken ab, wollen bei den zuständigen Gremien „massiv“ gegen Krügers Wirken Beschwerde geführt haben. Doch Karin Hamacher, Pressereferentin bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrehin, muss passen: „Wenn wir an der ärztlichen Qualität von Herrn Dr. K. zweifeln würden, hätten wir d a s so nicht durchblicken lassen.“

„ D a s “, damit meint Hamacher den Hinweis in einer offiziellen Stellungnahme, Krüger sei der Posten als Programmverantwortlicher Arzt des Mammografie-Screenings im Jahre 2010 ausschließlich „aus formalen Gründen“ entzogen worden. Dieser formale Grund bestand darin, dass Krüger seinen damaligen Radiologen-Kollegen aus der Gemeinschaftspraxis rauswarf.

Damit ging er formal auch seiner Position verlustig. Wenn man so will, eine bürokratische Hürde, die Krüger aber nicht daran hinderte, seinen Job weiterzumachen, weil er gegen den Entzug klagte. Erst im Herbst 2013 wurde der Fall vom Sozialgericht in Düsseldorf entschieden – zu seinen Ungunsten.

Die Entscheidung fiel zusammen mit einer gescheiterten Erneuerung seiner Zertifizierung durch die Kooperationsgemeinschaft Mammografie. Doch worin genau die dort geltend gemachten Zweifel an der Qualifikation Krügers bestanden, vermochte die Kassenärztliche Vereinigung gestern nicht zu sagen.

Gut möglich, dass es um den fehlenden Nachweis Krügers für eine genügend große Anzahl selbst erstellter Biopsien ging, deren Qualität andere Ärzte in Zweifel ziehen. Möglich aber auch, dass es wieder eher formale Gründe waren, etwa die zu spät weitergeleitete Dokumentation von Fällen an das Referenzzentrum Mammografie am Uniklinikum Münster, das jedenfalls behauptet Krüger.

So oder so: Den Job als Programmverantwortlicher Arzt des Mammografie-Screening hat im Oktober ein Mülheimer Kollege übernommen, die Lizenz zum Durchleuchten aber blieb Krüger. Der vermutet (s)einen Ex-Kollegen hinter all dem Unbill, eine „generalstabsmäßig angelegte Intrige“, in deren Zuge elf seiner Mitarbeiter abgeworben wurden. Mit dem Ziel, so Krüger, ihm am Ende die Screening-Lizenz streitig zu machen.

Denn die Angst der Frauen vor Brustkrebs ist, man muss das so sagen, nicht zuförderst, aber eben auch ein lukratives Geschäft: Bei 20.000 untersuchten Frauen pro Jahr allein in Essen gilt ein Umsatz von zwei Millionen Euro für Krüger als nicht abwegig.

Und es gibt offenbar Kollegen, die diesen Teil des Gesundheitsmarktes gerne an sich binden würden. Karin Hamacher von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein bestätigt: Ja, „es bestanden Bestrebungen von anderer Seite, das Screening zu machen“.

Ob diese nun zum Erfolg führen? Die Beobachter sind hin- und hergerissen zwischen einer Frau aus Mülheim, die nach einem von Krügers Kollegen nicht entdeckten Tumor nun um ihr Leben fürchtet. Und einer anderen Patientin, die sich gestern per Mail meldete: „Dr. Krüger hat mein Leben gerettet. Hört sich pathetisch an, ist aber die Wahrheit.“ Nur zwei Fälle Krügers – von jährlich 20.000.