Essen. . In Frintrop und Altenessen bezogen die Essener deutlich Stellung gegen die Rechtspopulisten von ProNRW.

Der Kampf auf der Straße ist manchmal hart. Aber so etwas: Die ganze Wiese voller Hundehaufen! Ganz klar: eine gezielte Aktion des Gegners. „Die haben doch vorher ihre Hunde über die Wiese geschickt“, ruft der ProNRW-Mann empört dem spärlich hergekarrten Parteivolk zu. „So werden wir in Essen begrüßt!“ Die über 100 Polizisten, die die kleine Wiese an der Kreuzung Frintroper Straße, Schloßstraße sicherheitshalber umstellt haben und auch sonst alles absichern, blicken etwas gelangweilt. Es ist ja auch schon die zweite „Kundgebung“ der Rechtspopulisten an diesem Tag, die die Beamten begleiten dürfen. Zweimal das selbe Theater, zweimal die Busse mit Menschen aus Belgien und sonst woher von den Gegendemonstranten trennen, deren Trillerpfeifen, Tröten und Rufe auf der Wiese allerdings kaum zu hören sind.

Glascontainer stören

Ein paar Glascontainer störten die Einsatzleitung, die daraufhin die Demo 100 Meter weiter die Straße hinunter komplimentierte. Rund 150 bis 200 Teilnehmer hat das Bündnis „Essen stellt sich quer“ an der Grenze zwischen Frintrop und Bedingrade mobilisiert, ein durchaus bürgerliches Publikum, engagiert in Kirchengemeinden, Vereinen und Verbänden, die sich vor die Flüchtlinge in der Walter-Pleitgen-Schule stellen und deutlich Position beziehen gegen die Rechtspopulisten. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Mehrdad Mostofizadeh ist ebenso dabei wie beispielsweise SPD-Ratsfraktionschef Rainer Marschan – eingezäunt von Sperrgittern und Mannschaftswagen. „Hinterher holt noch einer ‘ne Flasche aus dem Container und wirft“, begründet einer der Einsatzleiter vor Ort die Entscheidung. Sicher ist sicher.

Bei den Passanten, neugierig angesichts des polizeilichen Großaufgebots und der überdrehten Lautsprecher-Stärke, überwiegt das Kopfschütteln und Abwinken. Was soll man dazu auch sagen: Mit Blickrichtung zur Gegendemo hält eine ProNRW-Teilnehmerin tatsächlich ein Prozessionskreuz hoch, dessen Stange auch noch ein Totenkopf ziert. „Kann man das nicht verbieten?“, fragt eine ältere Dame empört. Ein Polizist zuckt nur mit den Schultern.

Nein, darüber hatte sich an der Rahmstraße in Altenessen kein Mensch aufgeregt. Stunden zuvor hatte hier ProNRW zur ersten Kundgebung geladen, weil 500 Meter weiter am Graitengraben in der längst vom Stadtrat wieder einkassierten Verwaltungsvorlage ein Standort für ein Flüchtlingsheim vorgesehen war. Warum die EBB-Ratskandidaten Barbara Rittel und Andreas Walter dies zum Anlass nehmen, in der gegenüber liegenden Reihenhaussiedlung ein Straßenfest tatkräftig mitzuorganisieren und zu unterstützen unter dem Motto „Spielplatz ja, Asylheim nein“, obwohl die Rechtspopulisten hier demonstrieren wollen, wird nicht so ganz klar: „Wir wussten nichts von dem Termin, als wir davon erfahren haben, wollten wir nicht wieder alles umschmeißen.“ Rund 1200 Unterschriften haben die Anwohner im Umfeld der Stoppenberger Eigenheim-Idylle gegen die Pläne gesammelt, alle hätten sie gebaut und die Stadt habe ihnen versprochen, hier nicht noch einmal ein Flüchtlingsheim zu errichten, nachdem der alte Standort aufgegeben worden sei. Und nun das: „Hier leben Deutsche, Polen, Russen und Rumänen, das ist multikulturell genug, mehr können wir hier nicht verkraften“, sagt eine Frau aufgeregt. „Ich habe selber mal in einem Heim gelebt, ich weiß, was das für uns bedeuten würde, wenn wir hier eins hinbekämen.“ Für Rittel und Walter spricht daraus eher die Angst vor der sozialen Schieflage, einmal mehr zu Lasten des Essener Nordens, die es zu verhindern gilt: „Wir müssen die Sorgen der Menschen hier ernst nehmen.“

Zwei Festnahmen

Da kann man gleich an der Rahmstraße, Ecke Graitengraben anfangen. „White Power“ steht an einem längst verlassenen Ladenlokal an die Wand gesprayt. Doch die weiße Kraft scheint sich heute mehr auf den Bierkonsum zu beschränken. Der Takt jedenfalls, mit dem neues Stauder – ausgerechnet aus der Pizzeria eines wirklich sehr freundlichen Persers – herangeholt wird, ist beachtlich. Als mittags endlich die beiden ProNRW-Busse den kleinen Kundgebungsort gefunden haben, hat der Pegel offensichtlich eine gewisse Höhe erreicht: „Wir sind die richtigen Deutschen“, grölt die trinkfreudige Gruppe hinüber zu den Rechtspopulisten, die sofort die Frau mit dem Kruzifix in Stellung bringen. Auch die Polizei postiert zwei Reihen. Man kann nie wissen, weil manchmal bei aller Warterei die Langeweile zu Unbedachtheiten führt: In der Gruppe der auch hier absolut friedlichen Gegendemonstranten will eine junge Frau das absperrende Flatterband durchtrennen, obwohl die Polizisten direkt daneben stehen. Das löst eine kurze, heftige und lautstarke Rangelei aus, an deren Ende ein Demonstrant im harten Polizeigriff am Boden liegt. Frau und Mann werden in Handfesseln abgeführt: Anzeige wegen Widerstands und Sachbeschädigung eines Flatterbands. Beim Perser wird das nächste Bier geordert.