Wenn das Thema elektrisiert, dann kommen auch die Wähler: Auf diesen simplen Nenner könnte man die Erkenntnis des Essener Bürgerentscheids zur Messe bringen, und was das mit der bevorstehenden Europawahl zu tun hat, lässt sich leicht mit Blick auf das Zahlenwerk erklären: Nahezu 29 Prozent der stimmberechtigten Essener gaben am 19. Januar ihr Votum für oder gegen das 123-Millionen-Euro-Projekt an der Norbertstraße ab – das waren gerade mal neun Prozentpunkte weniger als bei der letzten Europawahl.

Kein Zweifel: Der Glanz der zwölf goldenen fünfzackigen Sterne auf azurblauem Hintergrund ist mit den Jahren arg verblasst. Und wer sich manche Wahlplakate richtig anschaut, findet das Wort „Europa“ fast nur noch im Kleingedruckten.

Bei der erste Direktwahl zum Europäischen Parlament, im Juni 1979 war das, da ließen sich noch zwei von drei Essenern für Europa ins Wahllokal bewegen. Doch solche Zeiten sind lange vorbei Bei den letzten drei Urnengängen stieg die Beteiligung nicht einmal mehr über 40 Prozent.

Was offenbar eher das bürgerliche Lager stärkte: Die CDU rangierte bei den beiden letzten Europawahlterminen 2004 und 2009 zwischen Karnap und Kettwig vor den Sozialdemokraten – und daneben wurde reichlich experimentiert: Die „Sonstigen“ konnten knapp acht Prozent der Stimmen für sich verbuchten.

Zwar ist die Zahl der Parteien auf dem Wahlzettel diesmal spürbar geschrumpft – wo vor fünf Jahren noch 31 Vereinigungen um Stimmen buhlten sind es am 25. Mai „nur“ noch 24. Doch die weggefallene Prozenthürde dürfte mobilisierende Wirkung haben – bis hin zu den ausgewiesenen Euro(pa)-Kritikern.

Spannend fällt die Antwort auf die Frage aus, ob nun die Kommunalwahl die Beteiligung an der Europawahl nennenswert in die Höhe treibt – oder ob die Europawahl der Stimmenanzahl für die Kommunalwahl noch Impulse verleiht, so wie einst von der schwarz-gelben Landesregierung behauptet, auf die die Koppelung der beiden Urnengänge zurückzuführen ist.

Denn auch die Begeisterung, die Stadtteil-Parlamente und den Rat zu wählen, hat spürbar nachgelassen: Nicht einmal mehr die Hälfte der Essener beteiligte sich an den drei letzten Kommunalwahlen, dabei entfällt diesmal zudem noch erstmals die Direktwahl zum Oberbürgermeister.

Ob’s diesmal anders ausgeht, zeigt sich frühestens beim Briefwahl-Trend. Alle Wahlberechtigten, die in das Wählerverzeichnis eingetragen worden sind, sollen nach Auskunft des Wahlamtes bis zum 3. Mai ihre Wahlbenachrichtigungskarte bekommen. Da der 2. Mai ein Brückentag ist, geht die Direktwahl aber wohl erst am Montag drauf richtig los.